Der Dracula-Kult hält unvermittelt an. Bild: Pia Neuenschwander

Die 7-Bürgen

Dunkle Berge, Sachsen und transsilvanische Vampire...

Hinter den sieben Bergen leben nicht nur Schneewittchen und die sieben Zwerge, nein, da liegen auch sieben Burgen, die dem einzigartigen Landstrich, der heute zu Rumänien gehört, den Namen gegeben haben: Siebenbürgen.


Sein zweiter Name, Transsylvanien, weist ebenfalls auf seine geografische Lage hin, jenseits der Wälder oder hinter den bewaldeten Hügeln. Was «hinter den Bergen» liegt, ist in der Regel abgelegen. Doch es muss nicht gleichbedeutend sein mit «Hinterwäldlertum», gerade nicht im Fall von Siebenbürgen. Denn die Abgeschiedenheit war eine Voraussetzung dafür, dass sich seit dem späten Mittelalter rings um die sieben Burgen eine kulturell hochstehende Gesellschaft entwickelte.

Träger dieser Kultur waren die Siebenbürger Sachsen. Sie waren ab dem 13. Jahrhundert von den ungarischen Königen in das dünnbesiedelte Land geholt worden, um die Wirtschaft zu fördern und die Landesgrenzen zu schützen. Die meisten von ihnen stammten aus den Gebieten am Niederrhein. Die deutschsprechenden Siedler erhielten umfassende Rechte, die ihnen eine praktisch vollständige politische, wirtschaftliche, kirchliche und kulturelle Selbstverwaltung sicherten. Eine führende Rolle spielte seit der Reformation (um 1540) bis heute die Kirche.


Dass die dritte Europäische Ökumenische Versammlung 2007 im siebenbürgischen Sibiu (Hermannstadt) stattfand, ist kein Zufall. Es war so etwas wie eine Hommage an die historischen Leistungen dieser rumänischen Kirche.

Diese Leistungen sind umso bemerkenswerter, als die Geschichte Siebenbürgens äusserst turbulent verlief. Das hängt wesentlich mit seiner Lage zusammen, eingeklemmt zwischen den Interessensphären der jeweiligen Grossmächte. Das kommunistische Rumänien beendete die letzten Überreste der einstigen Autonomie. Deportationen im Umfeld des Zweiten Weltkrieg und spätere Aussiedlungen haben die Zahl der Siebenbürger Sachsen massiv reduziert, von blühenden 300 000 (noch um 1930) auf rund 15 000. Damit ist die Zukunft dieser sprachlichen Minderheit in Gefahr, auch der Fortbestand ihres Kulturerbes.

Im Aufschwung befindet sich hingegen der Dracula-Kult. Rund eine halbe Million Menschen besuchen jährlich das Schloss Bran. Dieses gilt als Vorlage für die Burg von Graf Dracula, dem Vampir in Bram Stokers gleichnamigem Roman. Es wird jedoch bezweifelt, ob Stokers Vorbild, der walachische Fürst Vlad III., je im Schloss Bran gelebt hat. Wie dem auch sei, Dracula ist die berühmteste unter den Gestalten, die bei einbrechender Dunkelheit ihre Gräber verlassen und sich von Menschenblut ernähren.

In «Graf Dracula – Wahrheit oder Legende?» schreibt Britta Pawlak, dass der Volksglaube Vampire geschaffen habe, «um Katastrophen, schlimmen Krankheiten oder unerklärlichen Dingen einen Namen zu geben». Dies gerade in Gebieten, die so abgelegen sind wie jenes hinter den dunklen Bergen der Karpaten und in denen Menschen leben, die wie die Sachsen, Roma, Sinti, Juden und Omanen ihre Geschichte und Geschichten haben.

Synes Ernst
 

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