Papst Franziskus und Synodenteilnehmer in der Synodenaula zum Abschluss der Amazonas-Bischofssynode am 26. Oktober 2019 im Vatikan. Foto: Paul Haring/CNS photo/KNA

Die Umkehr: Schweizer Modell für Amazonien

Schlusspapier zur Amazonas-Synode veröffentlicht: Bewahrung der Schöpfung, Gemeindeleiterinnen und verheiratete Priester werden gefordert

Am Samstagabend, 26. Oktober, wurde das Schlussdokument zur Amazonas-Synode im Vatikan veröffentlicht. Die besprochenen Themen gehen die gesamte Weltkirche an. Die amazonischen Synodenväter regen an, für ihre Region verheiratete Männer zu Priestern zu weihen und einen kulturell angepassten Ritus für die Messe zu etablieren. Auch die Rolle der Frau in der katholischen Kirche müsse diskutiert werden. Zuerst und vor allem wird im Dokument aber auf die Menschenrechte, die Rechte der Armen und der indigenen Völker, auf die Bewahrung der Schöpfung und auf den sorgsamen Umgang mit der von Gott geschenkten Natur verwiesen.

Fünf Teile umfasst das Schlussdokument und fünf Mal wird eine «Umkehr» gefordert: Pastoral, kulturell, integral und ökologisch. Zu Beginn wird auf das Thema eingeleitet, gleichsam als Basis für die folgende «ganzheitliche Umkehr» in den anderen Teilen: «Amazonien: vom Zuhören zur ganzheitlichen Umkehr»

Menschenrechte, Umweltschutz

Es sind eindringliche Worte vom Schrei der Armen, dem «Attentaten gegen die Natur», dem bedrohlichen Verlust des Regenwaldes, der Migration, der Ausbeutung und der Antwort der Kirche in dieser Situation. Die Kirche habe die Chance, im Unterschied zu allen anderen, den amazonischen Völkern zuzuhören. Von neuen Kolonialkräften ist die Rede.

Der Schrei der Erde und der Schrei der Armen müsse für die Kirche eine umfassende Bekehrung sein. Für jeden einzelnen und gemeinschaftlich. In diesen von Armut gezeichneten Gesellschaften müsse die Kirche Jesus Christus in den Mittelpunkt stellen und neu verkünden, seine befreiende und menschenfreundliche Kraft betonen.

Freikirchen und indigene Völker

Die Kirche wird charakterisiert als samaritanisch, barmherzig, solidarisch. Die Synodenväter schlagen vor, auf die starken Pfingstkirchen in der Region zuzugehen, theologisch mit ihnen einen Weg zu suchen, beispielsweise mit gemeinsamen Bibelübersetzungen. Man habe ein gemeinsames Interesse am Wort Gottes. Man erachtet diese Herausforderung aber als «nicht einfach».

Mehr Gewicht wird den indigenen Völkern und ihren Religionen gegeben. Man müsse sie kennenlernen, gerade in ihren Beziehungen zum Wald und zur «Mutter Erde». Die katholische Kirche sei solidarisch mit diesen Menschen, in der Verteidigung ihrer Rechte, der Erde und des Lebens. Weiter wird der Wert der Volksfrömmigkeit betont.

Faszinierend ist dann der Abschnitt über mögliche Evangelisierung und Mission. Diese wird, im althergebrachten Stil betrieben, zurückgewiesen. Man müsse sich auf Augenhöhe begegnen, die Geschichte und Kulturen respektieren. Das alles bedeute auch, die Ausbeutung der Region zu unterbinden. Profit dürfe nicht höher stehen als Umweltfragen und Menschenrechte.

Es wird angeregt einen Weltfonds einzurichten, der die Gemeinschaften in Amazonien für ihre ökologische Arbeit entschädigt und sie zugleich vor ausbeuterischen Vorhaben von Konzernen schützt. Eine Kultur des Zuhörens und des Dialogs brauche es auch in der Kirche. Auf pastorale Fragen müssten in den Regionen Antworten gefunden werden, im Konsens.

Frauen

Diese Synodalität lebe auch von geteilter Verantwortung, heisst es mehrfach. Damit wird die Mitverantwortung der Laien hervorgehoben. Die Räume für die Teilhabe von Laien, beim Beraten und Entscheiden, müssten gestärkt und erweitert werden. Die Synodenväter raten dem Papst zu konkreten Veränderungen.

Für Schweizer Katholik*innen lesen sich diese Passagen sehr bekannt: Ein Bischof könne für begrenzte Zeit in Gemeinden ohne Priester die Ausübung der Seelsorge an eine Person ohne Weihe übertragen. Ausserdem solle in Amazonien ein neues Amt ausdrücklich für Frauen eingeführt werden, nämlich «die weibliche Gemeindeleiterin». Beide Punkte sind im Bistum Basel längst verwirklicht.

Verheiratete Priester

Unter dem Titel «Eucharistie als Quelle und Höhepunkt des synodalen Kommunion» befürwortet die Synode die Priesterweihe verheirateter Diakone. «Wir schätzen den Zölibat als Gabe Gottes», schreiben die Synodenväter. Allerdings schlage man angesichts des Priestermangels vor, Kriterien zu erstellen, «um geeignete und von der Gemeinde anerkannte Männer zu Priestern zu weihen, die ein fruchtbares ständiges Diakonat innehaben».

Das Abschlussdokument hat keine bindende Kraft. Es dient nun Papst Franziskus für sein eigenes Schreiben zum Thema. Dieses stellte er bis zum Jahresende in Aussicht: «Damit nicht zuviel Zeit verstreicht. Alles hängt davon ab, ob ich Zeit zum Nachdenken finde.»

Auf der bischöflichen Sondersynode zu Amazonien hatten seit dem 6. Oktober 185 Mitglieder, grösstenteils Bischöfe, sowie knapp 100 Ordensleute, Expert*innen und Gäste über pastorale Herausforderungen im Amazonasgebiet beraten.

Andreas Krummenacher

Mit Material von vaticannews, kna, süddeutsche.de. Der Artikel beruht auf den Übersetzungen der Kernsätze des Schlussdokuments zur Amazonas-Synode durch vaticannews (siehe Link unten). Im Artikel ist von Synodenväter die Rede, weil zur Abstimmung keine Frauen zugelassen waren.

 

MERH ZUM THEMA

Abschlussdokument zur Amazonas-Synode. Es liegt bislang bloss in spanischer Sprache vor:
Sínodo Panamazónico - Asamblea Especial del Sínodo de los Obispos para la región Panamazónica. Documento final del Sínodo sobre la Amazonía

Vaticannews: Synodenschlusspapier, die Kernsätze

Hier geht es zum Dossier: Amazonas-Synode

 

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