Noch wichtiger als der Geldsegen sind die Ehrungen für die europaweit einzigartige
Institution. Haus der Religionen Bern. Blick in den Hindu-Tempel. Foto: Pia Neuenschwander

Preis für interreligiöse Verständigung

Das Haus der Religionen wird von der Herbert-Haag-Stiftung geehrt..

Am kommenden Sonntag nimmt das Haus der Religionen den Herbert-Haag-Preis entgegen. Die entsprechende Stiftung prämiert damit den Weg der interreligiösen Verständigung, welchen die acht Religionsgemeinschaften am Europaplatz eingeschlagen haben.

Das Haus der Religionen segelt auf einer Erfolgswelle. Nach 15 Betriebsmonaten am Europaplatz hat es sich bereits zu einemAushängeschild für Bern gemausert. Die Führungen durchs Haus sind ausgebucht, die Veranstaltungen gut besucht.
Letzte Woche sprach das Berner Stadtparlament mit 56 zu 10 Stimmen einen Kredit von 800 000 Franken für die nächsten vier Betriebsjahre. Noch wichtiger als der Geldsegen sind das Ansehen und die Ehrung für die europaweit einzigartige Institution. Acht Religionsgemeinschaften gehören dem Verein an, fünf von ihnen haben im Haus ihre religiösen Stätten. Dazu kommen Räume für öffentliche Veranstaltungen und Kurse sowie ein öffentliches Restaurant.

Wenige Tage vor dem Stadtratsentscheid erhielt die Institution hohen Besuch aus der ganzen Welt: Die Regierungen der Stadt und des Kantons Bern haben das diplomatische Corps zu einem Anlass am Europaplatz eingeladen. Und es geht so dynamisch weiter: Am kommenden Sonntag erhält das Haus der Religionen den Herbert-Haag-Preis – eine Auszeichnung von reformkatholischer Seite. Ebenfalls prämiert wird der Münchner Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der sich beim Kuratorium des Münchner Forums für Islam sowie für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik einsetzt.
Für ihre Forschungsarbeit ausgezeichnet werden die drei Studierenden Sarah Delere sowie Anna und Tobias Roth. Sie haben aufgezeigt, dass Kirchenmitglieder mit ihrer Meinungsäusserung zu einer zeitgemässen Sprache und Botschaft beitragen können.

Mit Hans Küng als Ehrenpräsident

Der mit 15 000 Franken dotierte Hauptpreis geht jährlich an Personen oder Institutionen, die durch ihren Einsatz für «freie Meinungsäusserung oder mutiges Handeln in der Christenheit aufgefallen sind». Damit positioniert sich die HerbertHaagStiftung für Freiheit in der Kirche als Organisation mit basisorientierter Ausrichtung. Nicht die vertikale Hierarchie vom Priester bis zum Papst steht im Vordergrund, sondern die horizontale Vernetzung mit weltoffenen Personen und Organisationen, welche sich für Pluralität einsetzen.
Mit Hans Küng als Ehrenpräsident bezweifelt die Stiftung die Unfehlbarkeit des Papstes. Die Abschaffung des obligatorischen Zölibats und die Zulassung von Priesterinnen sind Programm. «Die Frauen beiseite zu schieben, ist im 21. Jahrhundert nicht haltbar», erläutert Erwin Koller, Stiftungsratspräsident und langjähriger Moderator der sonntäglichen Fernsehsendung «Sternstunden». Als Papstkritiker und Co-Autor des Buches «Aufbruch aus der Erstarrung» plädiert er für eine selbstkritische Neubesinnung und eine Neubelebung des II. Vatikanischen Konzils.

Eine Antwort auf den Gegenwind innerhalb der Religionen

Gerda Hauck, Präsidentin des Vereins «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen» zeigt sich hoch erfreut. «Diese Auszeichnung motiviert uns, auf unseremWeg weiterzumachen.» Religion soll kein Korsett sein, nicht autoritär und repressiv, sondern ein Weg zur Befreiung der Menschen. Der am Europaplatz gelebte Dialog verschiedener Religionen und Kulturen auf Augenhöhe passt denn auch bestens ins Konzept der Herbert-Haag-Stiftung. Der Preis gilt nach aussen in erster Linie als Anerkennung des interreligiösen Dialogs, lässt sich aber auch als Wink innerhalb der katholischen Kirche interpretieren.
Gerda Hauck, die sich selbst zu den Reformkatholiken zählt, bemerkt denn auch: «Das Haus der Religionen und die Bestrebungen nach einem interreligiösen Dialog stossen innerkirchlich nicht überall auf tosenden Beifall.» Ein Preis von Reformkatholiken an einen Verein mit einer Reformkatholikin als Präsidentin könnte als einseitige Auszeichnung unter Gleichgesinnten verstanden werden – kein Affront für die Muslime, Hindus, Buddhisten, Aleviten und Christen anderer Konfessionen am Europaplatz? Gerda Hauck verneint. «Alle Religionsgemeinschaften, die bei uns aktiv sind, spüren als dialogbereite Gemeinschaft starken Gegenwind.» Erinnert sei an den Priester der Hindus, der Frauen zu Priesterinnen ausbildet. Hier ist ein erster Schritt getan, den die katholische Kirche noch vor sich hat.

Hannah Einhaus


Die Preisverleihung findet statt am 13. März, 15.30 - 18.30 Uhr im Haus der Religionen, Europaplatz, Bern

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