Schweiz erlaubt Waffenexporte in Krisenländer

Neue Regeln für Waffenexport. Hunderte demonstrieren in Bern. Auch die Kirchen üben Kritik.

Eine Mehrheit des Bundesrates hat beschlossen, dass künftig Kriegsmaterial aus der Schweiz auch in Bürgerkriegs- und Krisenländer exportiert werden darf. Die bischöfliche Kommission Justitia et Pax kritisiert diesen Entscheid scharf.

In Bern protestieren Hunderte gegen diesen Entscheid. Die Kundgebung am 4. September auf dem Berner Kornhausplatz gegen die Lockerung der Regeln für den Rüstungsexport zog hunderte, vornehmlich junge Menschen an. Sie skandierten dabei lautstark den Slogan: «Menschenrechte schützen, statt Kriege unterstützen.»

Zur Kundgebung aufgerufen hat ein das unabhängige Bündnis «StandUpForPeace». Man wolle sich für eine Schweiz einsetzen, die den Frieden fördere, heisst es im Aufruf. Das Mikrofon war für alle offen. Es gab kluge und kreative Beiträge, inklusive Friedenslieder.

Auch wurde bekannt, dass eine Volksinitiative gegen die neuen Rüstungsexportrichtlinien geplant ist. Eine überparteiliche Allianz aus SP, Grünen, BDP, GLP, der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa) und kirchlichen Kreisen hat das Volksbegehren angekündigt.

Der Bundesrat hat dem Begehren der Schweizer Rüstungsindustrie nachgegeben und will die Kriegsmaterialverordnung lockern. «Unter gewissen Umständen» soll es künftig nun möglich sein, «Kriegsmaterialausfuhren nach Ländern, die in einen internen bewaffneten Konflikt verwickelt sind, zu bewilligen», heisst es in einer Medienmitteilung. Damit dürfte neuerdings Kriegsmaterial auch in Krisenländer selber exportiert werden. «Unter gewissen Umstände» bedeutet, dass Kriegsmaterial nur dann in diese Länder exportiert werden darf, wenn «kein Grund zur Annahme besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial im internen bewaffneten Konflikt eingesetzt wird». Ein konkreter Entscheid werde immer am Einzelfall geprüft. In der Mitteilung hält der Bundesrat zudem fest, dass kein Kriegsmaterial in «klassische Bürgerkriegsländer» wie derzeit Jemen oder Syrien exportiert werden dürfe.

Kirchlicher Einspruch

Unter dem Titel «Die Schweiz verspielt ihre Glaubwürdigkeit!» schreibt der Präsident der bischöfliche Kommission Justitia et Pax, Thomas Wallimann-Sasaki, der Bundesrat lasse aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus jegliches Feingefühl für Menschenrechte und die Folgen kriegerischer Auseinandersetzung vermissen.

«Waffenlieferungen in Krisenländer und Gegenden mit Bürgerkriegen machen die Welt nicht sicherer und auch nicht friedlicher!» Diese Botschaft habe die Kommission Justitia et Pax, die die Schweizerische Bischofskonferenz in sozialethischen Fragen berät, bereits im Herbst 2017 an die beratende Ständeratskommission geschrieben. Auch der Bundesrat habe von dieser Haltung der Kirche Kenntnis, heisst es in der Medienmitteilung.

Zutiefst enttäuscht

Thomas Wallimann-Sasaki schreibt weiter: «Die Berufung auf die humanitäre Tradition und christliche Werte, die auch der Bundesrat immer wieder – auch international – anführt, verliert mit diesem Entscheid ihre Glaubwürdigkeit. Dem Bundesrat sind eigene wirtschaftliche Interessen wichtiger als die fundamentale Sorge um die Sicherheit von Menschen in Krisengebieten.»

Die Kommission sei zutiefst enttäuscht von der Landesregierung. Denn mit seinem Entscheid bestätige der Bundesrat auf erschreckende Weise, was Papst Franziskus in «Evangelii gaudium» gesagt habe: «Diese Wirtschaft tötet.»

Noch 2012 habe sich die Schweiz glaubwürdig für strengere Kontrollen der Waffenexporte eingesetzt, schreibt Wallimann-Sasaki, jetzt sei eines der reichsten Länder der Welt nicht fähig, andere Möglichkeiten zur Stärkung der Wirtschaft zu finden als den Export von Waffen in Krisengebiete auszuweiten.

Andreas Krummenacher

 

Lesen Sie dazu die Stellungnahme von Justitia et Pax:
Waffenlieferungen: Die Schweiz verspielt ihre Glaubwürdigkeit!

 

Hinweis: Justitia et Pax ist eine beratende Kommission der Schweizer Bischofskonferenz. Sie beschäftigt sich schwerpunktmässig mit sozialen, politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Fragen und macht dies aus einer sozialethischen Perspektive.

 

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