Solothurner Filmtage

The Brain. Cinq nouvelles du cerveau

Am Anfang des 21. Jahrhunderts ist Science-Fiction im Labor angekommen: fünf ausgewiesene Experten im Gebiet der künstlichen Intelligenz geben Einblick in ihre Forschung, ihre Motivation und die ethischen Fragen, die sich ihnen in ihrer täglichen Arbeit stellen.

Wie kommt eine Handvoll Neuronen dazu, Entscheidungen zu treffen? Gibt es ein zugrunde liegendes mathematisches Prinzip, das unsere Gedanken ordnet? Und lassen sich diese Grundlagen auf ein künstliches System übertragen? Dieser Frage geht Alexandre Pouget in Genf in seiner Forschung nach – wir erleben ihn im Gespräch mit seinen Kindern, die sich ebenfalls für diesen Bereich interessieren, und können seine Gedanken und Überlegungen verfolgen. Wird künstliche Intelligenz ein Selbstläufer? Ist der Mensch etwas Spezielles, oder einfach eine Spezies wie jede andere auch, die irgendwann von einer anderen ersetzte werden wird?

Christof Koch in Seattle hingegen befasst sich mit der Entstehung des Bewusstseins – denn das Ich-Bewusstsein ist das, was uns von anderen Spezies unterscheidet. Was man sich als «Seele» vorstellt, befindet sich, soviel wir heute wissen auf dem Kortex – stirbt dieser (etwa durch einen Schlaganfall oder Sauerstoffmangel), so gibt es kein Bewusstsein und somit keine Seele mehr. Niels Birbaumer hingegen widmet sich der Kommunikation mit Patienten, die am Locked-In-Syndrom leiden, deren Gehirn also voll funktionsfähig ist, aber nicht mehr mit dem Körper kommunizieren kann. Er will die Schnittstelle Hirn-Maschine soweit perfektionieren, dass wir Gedanken, Gefühle und Wünsche dieser Menschen verstehen lernen.

Doch auch diese Forschung birgt Gefahren: wenn wir soweit sind, die genaue Stelle im Hirn zu finden, die einen bestimmten Stimulus gibt, wollen wir es dann Firmen oder Regimes überlassen? Den Zugang zu unserem Gehirn zu kontrollieren? Auch die weiteren Forscher, die im Film zu Wort kommen, sind sich der schmalen Balance zwischen Wissensdrang und der gesellschaftlichen Implikationen ihrer Arbeit bewusst. Künstliche Intelligenz als die Büchse der Pandora? Wir werden sehen, vielleicht noch früher, als uns lieb ist.

The Brain, CH/FR 2021, 105 Minuten. Regie: Jean-Stéphane Bron.

The Scent of Fear

Wir haben alle vor irgendetwas Angst – vor einer zukünftigen, unbestimmten Bedrohung, vor Spinnen, vor dem Sterben. In Mirjam von Arx’ Dokumentarfilm reisen wir um die Welt und begegnen dort Menschen und ihren speziellen Ängsten. So etwa Menschen in South Dakota, die sich in stillgelegte Militärbunker niederlassen, Vorräte anlegen und sich so für alles wappnen, was kommen mag – Tornados, Bürgerkriege, Weltuntergang. Oder Leute, die sich vor Spinnen fürchten, an einem Seminar: spannend hier die Entwicklung von der anfänglichen Starre bis zum Moment, wo sie die Kreuzspinne über die Hand krabbeln lassen und sie sogar «herzig» finden.

Der Film führt uns auch nach Südkorea, wo das Thema Angst nicht offen angesprochen wird, aber durch den starken Leistungsdruck in der Gesellschaft sehr wohl präsent ist: Angst zu versagen, den Ansprüchen der Eltern, Lehrern, Chefs nicht zu genügen. An einem «Happy dying»-Seminar lernt er, die Angst vor dem Tod zu überwinden und bekommt seine Lebensfreude zurück.

Die Extremsportlerin Evelyne Binsack schliesslich filmt sich selber auf einem Solotrip durch die Arktis – wo sie bei Nebel, Sturm und eisigen Temperaturen nur durch einen Warndraht und einer Zeltwand von allfälligen hungrigen Eisbären geschützt ist. Ergänzt werden diese Filmaufnahmen durch Experten-Erklärungen, etwa durch den Neuropsychologen Lutz Jäncke oder den Psychoanalytiker und Satiriker Peter Schneider.

Das Besondere daran: diese treten in virtuellen, gemalten Kulissen auf, die sich auch in Grafiken und Animationen verwandeln können und so einen effektvollen Kontrast zu den Aufnahmen der Betroffenen darstellen. Eine lehrreiche und sehr unterhaltsame Art, das universelle Phänomen der Angst etwas besser zu verstehen.

The Scent of Fear, CH 2021, 90 Minuten. Regie: Mirjam von Arx.

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