«Ohne Frauen käme die Seelsorge zum Erliegen. Mit ‹Helvetia predigt!› werden Frauen in der Kirche sichtbar gemacht und die Kirche so gezeigt, wie sie ist: divers.» Foto: Claudio Schwarz, unsplash.com

Am 1. August ist die Kanzel in Frauenhand

Warum Frauen am 1. August die Sonntagspredigt übernehmen wollen.

Vor 50 Jahren wurde in der Schweiz das Frauenstimmrecht eingeführt. Eine Gruppe ökumenischer Kirchenfrauen ruft darum unter dem Motto «Helvetia predigt!» dazu auf, die Sonntagspredigt in den reformierten Kirchgemeinden und den katholischen Pfarreien am 1. August Frauen zu übertragen.

Von Andreas Krummenacher

Die Auslegung des Evangeliums in der Predigt ist in der Eucharistiefeier in der katholischen Weltkirche gemäss Kirchenrecht geweihten Männern vorbehalten. Priester und Diakone dürfen also predigen, Frauen nicht. Vor einem Jahr hat die vatikanische Kleruskongregation diesen Umstand in der Instruktion «Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche» bekräftigt. «Laien» dürfen in einem Gottesdienst demnach predigen, wenn es die Umstände, die Notwendigkeit oder der besondere Fall erlauben; im Rahmen einer Eucharistiefeier jedoch ist auch das ausgeschlossen.

Hintergrund der Aktion

In einer Medienmitteilung schreiben die Kirchenfrauen, dass in den Bistümern Basel und St. Gallen, aber auch in vielen reformierten Kirchgemeinden Frauen seit Jahrzehnten selbstverständlich die Bibel auslegen würden. «Frauen sind im kirchlichen Alltagsleben gar nicht mehr wegzudenken, Direktiven aus dem Vatikan hin oder her», heisst es weiter. Eine der Kirchenfrauen ist Silvia Huber, Theologin beim Schweizerischen Katholischen Frauenbund. Sie schreibt in der Medienmitteilung: «Ohne Frauen käme die Seelsorge zum Erliegen. Mit ‹Helvetia predigt!› werden Frauen in der Kirche sichtbar gemacht und die Kirche so gezeigt, wie sie ist: divers.»

Im Bistum Basel Normalfall

Die Aktion hat in der katholischen Kirche Schweiz keine Diskussionen ausgelöst. Frauen auf der Kanzel sind in vielen Kirchen tatsächlich völlig akzeptiert. Nicht nur die Bistümer St. Gallen und Basel gehen hier voran, selbst die Schweizer Bischofskonferenz hat das 2005 in den Regeln für «Beauftragte Laien im kirchlichen Dienst formuliert». Darin räumt sie nicht geweihten Männern und Frauen, «mit entsprechender Ausbildung und bischöflicher Beauftragung», in einer Eucharistiefeier die Möglichkeit ein, die Predigt zu halten. Im Dokument heisst es, man wolle damit die «immer weniger und älter werdenden Priester entlasten». Die Bischofskonferenz hält fest, dass das stets in Absprache mit dem zelebrierenden Priester und in dessen Stellvertretung geschehen müsse. Priester und Diakone nämlich seien die ersten Verkündiger des Evangeliums, und sie sollen diesen Auftrag auch regelmässig erfüllen.

Der Vatikan befürchtete damals, diese Notlösung könnte zum Normalfall werden. Das ist so eingetreten, jedoch ohne Intervention der zuständigen Stellen aus Rom. Felix Gmür, Bischof des Bistums Basel und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, wird eine gewissen Offenheit für sogenannte Frauenanliegen nachgesagt. Das Schreiben aus dem Vatikan im letzten Jahr kritisierte er scharf, die Frauenpredigten begrüsst er.

Gleichberechtigung

Die Aktion zum 1. August ist also, 50 Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts, ein Zeichen für Gleichberechtigung auch in der Kirche. Silvia Huber schreibt: «Im letzten Jahrhundert hat sich der Schweizerische Katholische Frauenbund SKF für das Frauenstimmrecht eingesetzt. Heute setzt sich der Verband dafür ein, die Gleichberechtigung in der Kirche weiter voranzutreiben».

 

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Ein Gedicht von Jacqueline Keune zu 50 Jahren Frauenstimmrecht

 

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