Wagt stets den Blick über den Tellerrand - Pilgerbegleiterin Sabine Leuenberger. Foto: C. Burghagen

Aufbrechen, um bei sich selbst anzukommen

Pilgerbegleiterin Sabine Leuenberger

Schritt für Schritt den Blick über den Tellerrand wagen - mit dieser Haltung begleitet Sabine Leuenberger Pilger:innen. Seit kurzem sogar mit Ausbildung.

Von Christina Burghagen

Die einen wandern, die anderen spazieren oder flanieren, und dann gibt es immer mehr Menschen, die pilgern. Nicht selten saust einem der Spruch von Konfuzius «Der Weg ist das Ziel» um die Ohren. Für alle, die zum Aufbrechen ein Ziel brauchen, kann der Satz auch getrost verstärkt werden: «Das Ziel ist der Weg.»

Dieses Ziel ist Sabine Leuenberger das Liebste. Sie ist davon überzeugt, dass jeder Mensch ein Pilger-Gen in sich trägt, das die Sehnsucht auslöst immer wieder aufzubrechen, unterwegs zu sein und dann zu Hause anzukommen. Ihr eigenes Pilger-Gen muss stark ausgeprägt sein.

Die gelernte Luftverkehrsangestellte arbeitete mit Bodenhaftung und war für Frachtpapiere, Ladelisten, Check-in oder Boarding zuständig. In diesem Umfeld lernte sie ihrem Mann Markus kennen. Später organisierte Leuenberger Busreisen für ein Reisebüro. Das Paar bereiste zwischen 1991-96 die ganze Welt. «Zimbabwe war traumhaft, dabei sind wie nur dahin gereist, weil ich den Namen so schön fand», schmunzelt sie. Danach kamen die drei Kinder.

Geistig und geistlich beweglich

«Die Fernreisen, die wir machten, hat es uns ermöglicht in meine Heimat Rüegsauschachen zurückzukehren», sagt Sabine Leuenberger wie selbstverständlich. Ehrenamtliches Engagement im Claro-Laden, Anstellungen im Paul-Klee-Zentrum, im Schloss Oberhofen und im Hammam Oktogon Bern folgten. Was sich hier wie ein beruflicher Springinsfeld liest, war tatsächlich eine naturgegebene Abfolge von Stationen, wie eine Frau mit wachem Blick und offenem Herzen sie lebt.


Den Wunsch, mit Anfang 40 ein Theologiestudium zu absolvieren, musste sie nach kurzer Zeit aufgeben. «Zu viel Schule, zu viele Verpflichtungen», resümiert sie. Dann erkrankte ihr Vater an Demenz. Für Sabine Leuenberger war das Grund genug sich als Pflegehelferin SRK ausbilden zu lassen, nicht zuletzt, um zu begreifen, was in ihrem Vater vor sich geht und ihm im Heim nahe zu sein. Eine Seelsorgeausbildung setzte sie obendrauf. Ausserdem gehört Leuenberger zum Netzwerk Bibliolog. Der internationale Gedankenaustausch ist ein Weg, die Bibel zu erkunden und sie als lebendig und bedeutsam für das eigene Leben zu erfahren. Er beruht auf der jüdischen Auslegung des Midrasch.

Zertifikat zu Fuss

Im Alters- und Pflegeheims Hasle-Rüegsau (aph), wo sie jetzt arbeitet, kam ihr die Idee, sich zur Pilgerbegleiterin ausbilden zu lassen. Die Lehrgänge bei www.jakobspilger.ch bestanden aus drei Wochenendmodulen und einer Projektarbeit. Die Teilnehmenden machten sich vertraut mit den Besonderheiten des Pilgerns in einer Gruppe. Für das Zertifikat wird ein eigenes mehrtägiges Pilgerangebot erarbeitet. Das setzte sie, unterstützt vom aph, mit grossem Erfolg letztes Jahr im Herbst mit Bewohnenden des Heims um. Zwei der Teilnehmerinnen waren sogar mit Rollator unterwegs. «Ich möchte auch noch mit Rollator pilgern!», versichert die 53-Jährige lachend.

Noch überlegt Sabine Leuenberger, ob sie eine Website ins Internet stellt, die sie als Pilgerbegleiterin ausweist. «So eine Seite ist statisch, dabei geht es doch ums Aufbrechen, um Bewegung und ums Ankommen», sagt sie nachdenklich. Der Gedanke, dass es sich herumspricht, wie erfüllend es sei, sich mit ihr auf den Weg zu machen, gefällt der Pilgerbegleiterin bedeutend besser.

Inzwischen arbeitet ihr Mann Markus in der Arbeitsintegration für junge und geflüchtete Menschen und ist ausgebildeter Wanderleiter. Das Paar wird im Juni eine zirka dreimonatige Pilgerreise beginnen: von Flensburg nach Rüegsauschachen. «Wir finden es wunderbar gemeinsam nach Hause zu laufen und bei uns anzukommen!»

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