Roman Gisler: «Ich ging von Anfang an mit und half, wo es ging. Schritt für Schritt habe ich gelernt, wie alles funktioniert.» Foto: Ruben Sprich

«Beim Organisieren sind wir kurz sehr nah an den Leuten»

Zwei Bestatter erzählen

Die beiden Berner Bestatter Roman Gisler und Reto Zumstein wissen, was bei einem Todesfall zu tun ist. Mit Rat und Tatstehen sie Angehörigen zur Seite – übers Einsargen, Aufbahren und Beerdigen hinaus.

Interview: Anouk Hiedl

«pfarrblatt»: Wie reagiert Ihr Umfeld auf Ihren Beruf?

Roman Gisler: Recht gelassen. Manchmal ist Verwunderung da, weil man sich unsere Arbeit nicht vorstellen kann, wenn man es nicht selbst macht. Unsere Tätigkeiten und Kenntnisse sind breit, und wir haben viele Schnittstellen, mit denen wir zusammenarbeiten.
 

Was passiert, wenn jemand einen Todesfall bei Ihnen meldet?

Reto Zumstein: Beim telefonischen Erstkontakt kondolieren wir immer und fragen, ob die Person überraschend oder erwartet gestorben sei. Dann nehmen wir Eckdaten und erste Ideen für die Bestattung auf. Ein ausführliches Beratungsgespräch findet dann oft hier bei uns statt, alternativ zu Hause bei der Familie oder in einem Heim.

Roman Gisler: Manche Angehörigen sind bereits top vorbereitet, während andere noch keine Wünsche für die Bestattung haben. Manche können ihre Anliegen nicht immer äussern. Wir stellen viele Fragen, um alles besprechen zu können. Aus welchem Holz soll der Sarg sein? Soll es ein Kreuz oder eine Grabplatte geben? Für Urnenbestattungen gibt es diverse Grabarten und verschiedene Urnenmodelle, zu denen wir die jeweiligen Bedingungen erläutern. Soll die Asche nach der Kremation in der Natur verstreut werden, zeigen wir die Möglichkeiten und Grenzen auf.

Reto Zumstein: Manches muss schnell entschieden werden, da stehen wir den Angehörigen beratend zur Seite. Das Schlimmste wäre, wenn jemand hier rausgeht und findet, das war ein Verkaufsgespräch. Unser Ziel ist, dass möglichst keine Fragen offenbleiben.
 


Sie haben Kataloge mit Beispielen für Blumenschmuck oder Leidzirkulare. Wie weit gehen Ihre Dienstleistungen?

Reto Zumstein: Manche Angehörigen möchten möglichst viel selber machen, andere nicht. Auf Wunsch machen wir alles und werden zu Event-Organisatoren. Wir informieren Amtsstellen, nehmen Kontakt zum Pfarrer oder der Gemeindeleiterin auf, buchen auch Musiker:innen und reservieren Termine beim Bestattungsamt für die Beisetzung auf dem Friedhof. Hier in Bern begleiten wir 800 bis 1000 Todesfälle pro Jahr.
 

Gibt es ungewöhnliche Wünsche?

Roman Gisler: Bei Erdbestattungen kann man wählen, ob Blumen mit ins oder später aufs Grab gelegt werden sollen. Vor Kurzem senkten wir im Seeland einen Sarg zu viert mit Seilen ins Grab. Es folgte eine Zeremonie mit Musik. Danach musste das Bouquet her – jetzt! So stieg ich im Anzug und noch ohne Leiter ins offene Grab und holte es wieder herauf.

Reto Zumstein: Man kann aus der Asche von Verstorbenen einen Diamanten machen lassen. Eine Familie wollte die Asche ihres Verstorbenen aus der Luft verstreuen lassen und flog dazu auf einem Helikopterrundflug mit.


Man kann mit Ihnen auch die eigene Bestattung regeln. Wie funktioniert das?

Reto Zumstein: Bei einem Vorgespräch anhand der entsprechenden Broschüren lege ich kein Dossier an. Erst bei einem konkreten Vorsorgevertrag halten wir alles fest, inkl. reserviertem Grabplatz und Leidmahl. Es gelten die Tarife zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Das entsprechende Geld wird bei einer Stiftung eingefroren. Kostet die Bestattung schlussendlich weniger, geht der Überschuss in die Erbmasse zurück. Ich empfehle, einen solchen Vertrag nicht zu früh zu machen. Er macht Sinn, wenn die Verwandten weit weg leben oder keine da sind.
 

Warum sind Sie Bestatter geworden?

Reto Zumstein: Ich half schon als Jugendlicher in unserem Familienunternehmen in Sarnen beim Einbetten mit und übernahm mit 18 Wochenenddienste und Beratungsgespräche. Heute finde ich, dass eine gewisse Lebenserfahrung nötig ist, um in diesem Beruf bestehen zu können.

Roman Gisler: Ich habe ursprünglich als Lehrer und in der Hotellerie gearbeitet. Die Arbeit mit Menschen passt zu mir. Der Umgang mit Verstorbenen war neu für mich – es ist eine Arbeit, die mir Freude macht und keine Mühe bereitet. Vorher wusste ich nicht viel darüber. Ich ging von Anfang an mit und half, wo es ging. Schrittweise habe ich die Arbeit in ihrer ganzen Breite erfahren und erlernt. So konnte ich mehr Verantwortung übernehmen, auch nächtliche Pikettdienste.
 

Was tun Sie nachts?

Reto Zumstein: Manche Angehörige können oder wollen ihre Verstorbenen nicht bis zum nächsten Morgen bei sich behalten. Dann holen wir sie ab. Auch bei Polizeieinsätzen nach Unfällen oder Leichenfunden werden wir mitunter in der Nacht gerufen. Da müssen wir körperlich fit sein. Ich habe zwei Trainingsprogramme und mache jeden Tag eines davon.


Was «macht» Ihr Beruf mit Ihnen?

Roman Gisler: Die Situationen und Angehörigen, ihre Ansichten und Emotionen sind immer wieder anders. Das überträgt sich, lässt etwas anklingen und fordert mich heraus. Wenn mir die Tränen kommen, lasse ich das zu. Wichtig ist, dass die Distanz gewahrt bleibt.

Reto Zumstein: Ich sage immer: Anteilnahme ja, Trauer nein. Schwierig wird es, wenn ich Verstorbene gekannt habe. Oder bei Kindern. Das kommt ein- bis zweimal pro Jahr vor und geht emotional an die Grenze. Da bin ich immer der Ansprechpartner. Die Kommunikation muss klappen, die Leute erwarten, dass wir ein Fels in der Brandung sind.
 

Was gehtin Ihnen vor, wenn Sie Verstorbene für die Einbettung oder Aufbahrung vorbereiten?

Reto Zumstein: Das ist immer ein sehr persönlicher Moment und mit ein Grund, warum ich diesen Beruf mache. Wir Bestatter sind die Letzten, die diesen Personen noch etwas Gutes tun können, immer im besten Wissen und Gewissen und in Absprache mit der Familie. Bei Frauen fragen wir nach, wie sie frisiert und geschminkt waren. Die Legalinspektion lässt Verstorbene nach der Untersuchung oft einfach liegen. Vor Kurzem kümmerte ich mich danach um einen Exit-Fall, worauf die Familie rückmeldete: «Das ist jetzt unser Vater.» Viele wollen heute keine Aufbahrung mehr. In unserem Abschiedsraum hat es keine Glaswand, man kann zu den Verstorbenen. Ein alter Mann war den ganzen Tag hier und hat seiner verstorbenen Frau die Hand gehalten. Er brauchte in dem Moment nichts anderes und fand das einfach schön.
 

Inwiefern ist Ihre Arbeit der von Seelsorgenden ähnlich?

Reto Zumstein: Wir sind häufig vor ihnen am Zug. Eine Pfarrerin hat das letzthin hier angesprochen, ihr wäre es manchmal lieber, das Trauergespräch mit ihr käme zuerst. Seelsorge können wir den Hinterbliebenen nicht bieten, da müssen wir uns manchmal abgrenzen. Wir organisieren und sind in diesem Moment kurz sehr nah an den Leuten. Das ist berührend.
 

Infos zu Egli Bestattungen in Bern: www.egli-ag.ch

Auf dem Weg ins Krematorium

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