Aus Sicht von Felix Gmür (l) ist der Konflikt um das Neujahrsschreiben eine Erfindung der Medien. Rechts: Raphael Rauch. Foto: Vera Rüttimann

Bischof Felix Gmür ist sauer

Der Neujahrsbrief der drei Deutschschweizer Bischöfe gib zu reden. Felix Gmür fühlt sich missverstanden.

Die Bischöfe Felix Gmür und Joseph Maria Bonnemain sowie Abt Urban Federer standen am Dienstag Raphael Rauch, Redaktionsleiter von kath.ch, einzeln Red und Antwort. Zentrales Thema war der von Rauch «Rüffel-Brief» genannte Neujahrsbrief der drei Deutschschweizer Bischöfe an ihre Mitarbeitenden.

Von Sylvia Stam

«Ich sage Ihnen nur eins: Es ist ein Wunder, dass ich hier bin», sagte Bischof Felix Gmür auf der Bühne zu Raphael Rauch, Redaktionsleiter von kath.ch. Anlass war der Dreikönigsapero des Katholischen Medienzentrums, Bischof Felix Gmür einer der geladenen Gesprächspartner in der Paulus-Akademie in Zürich. «Ich bin stinksauer», so Gmür. Grund für den bischöflichen Unmut ist die Art und Weise, wie das Portal kath.ch über den Neujahrsbrief der drei Deutschschweizer Bischöfe an die Seelsorgenden berichtet hat.

«Erfundener Konflikt»

Gmür legte auf der Bühne dar, dass ein persönlich adressierter, auf dem Postweg verschickter Brief an die Mitarbeitenden der Bistümer «etwas Wichtiges» sei. Dass darin eine «persönliche Message» ausgedrückt werde, nämlich Dank und Sorge der Bischöfe. «Es ist eine persönliche Sorge, adressiert an die Menschen mit Missio. Und dann kommt ein Kommentar, man soll den Brief nicht Ernst nehmen.» Der Basler Bischof dürfte sich damit auf den Kommentar von Raphael Rauch bezogen haben, in welchem dieser den Brief als «so grotesk, dass es an Realsatire erinnert» qualifiziert. Die Bischöfe hätten mit diesem Schreiben «die katholische Fasnacht eingeläutet».

Aus Sicht von Gmür ist der Konflikt, zu dem sich inzwischen die Synodalratspräsidentin der Katholischen Kirche im Kanton Zürich, der Schweizerische Katholische Frauenbund, die Präsidentin der Evangelischen Kirche Schweiz sowie die Allianz Gleichwürdig Katholisch geäussert haben, «erfunden von einer kleinen Redaktion» und «reine Manipulation». Es stimme ihn nachdenklich, wie viele Leute auf diese Manipulation einstiegen.

Der richtige Zeitpunkt

Am Ende des Gesprächs zeigte sich Gmür ernüchtert. Er vermisse das Nachdenken über das theologische Argument, schliesslich sei der Brief an Theologinnen und Theologen geschickt worden. Damit meinte er, «dass die römisch-katholische Kirche als Glaubensregel daran festhält, dass es für die Spendung der Sakramente den Priester braucht» - «Von mir aus kann es auch eine Frau sein, dass wissen Sie», schob der Bischof ein. Doch offenbar wolle niemand nachdenken. «Das macht mich nachdenklich. Ich bin sehr ernüchtert.»

Nachdenklich, um nicht zu sagen geknickt wirkte auch der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain, der als Erster Kirchenmann zu dem Schreiben Stellung nehmen musste. Es sei heute Abend nicht der Ort, um über den Brief zu sprechen, denn «wir drei  Bischöfe müssen jetzt darüber sprechen, wie wir angemessen darauf reagieren, und zwar im Dialog mit den Seelsorgenden», so Bonnemain. Auch Abt Urban Federer, der nicht zu den Absendern des Briefes gehört, aber Präsident der Liturgiekommission ist, sagte, auch für eine Deeskalation stelle sich die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt. «Wir müssen jetzt einen Weg finden, wie wir die Theologie, die Liturgie ins Gespräch einbringen. Ich glaube, heute ist nicht der richtige Moment.»

Aus dem Neujahrsbrief der Deutschschweizer Bischöfe an die «Schwestern und Brüder in der Seelsorge»
«Gemeinsames Zeugnis braucht gemeinsame Formen und Regeln. Beim Respekt hierfür liegen wir mancherorts weit hinter unseren Möglichkeiten zurück. Wir Bischöfe bekommen deshalb immer wieder besorgte Anfragen und Rückmeldungen, besonders zu gottesdienstlichen Feiern. Die Gläubigen haben ein Recht auf Gottesdienste, die den Regeln und Formen der Kirche folgen. Die inkulturierte, aber in ihren Grundformen einheitliche Liturgie ist ein Schatz unserer Kirche, der den Gläubigen, besonders auch den Migrantinnen und Migranten, weltweit Heimat gibt. Wir rufen deshalb nachdrücklich in Erinnerung, dass die liturgischen Formen und Regeln auch in unserem Land gemäss den Bestimmungen der Bischöfe gelten. (...) Sie alle wissen, dass nur der Priester gültig der Eucharistie vorsteht, sakramentale Versöhnung zuspricht und die Krankensalbung spendet. Gerade auch dazu wird er geweiht. Diese römisch-katholische Glaubensregel gilt es auch in unseren Bistümern uneingeschränkt zu respektieren. Es geht hier nicht um einen blinden Gehorsam und schon gar nicht um die Förderung eines patriarchalen Klerikalismus, sondern um die Überzeugung, dass Priester im Dienst und im Vollzug der Sakramente sichtbar machen, dass Jesus Christus selbst in und durch die Sakramente wirkt. (...) Wir hören die Fragen vieler, sich in der Liturgie anders beteiligen zu können, etwa als Frau. Wir hören das Anliegen um eine angemessene Sprache und schätzen Ihre Sorge um eine gute Sprache in der Liturgie. Dennoch bitten wir Sie nachdrücklich darum, das Zeichen der Einheit, die Liturgie, nicht zum Experimentierfeld persönlicher Vorhaben zu machen. (...). Nutzen Sie die Vielfalt liturgischer Feierformen, die die Kirche anbietet. Und nutzen Sie Orte in der Liturgie wie Besinnung, Predigt, Meditation, Fürbitten, Liedgut, Musik, Stille, um sich persönlich eingeben zu können.»
Hintergrund des Schreibens ist eine Eucharistiefeier in Effretikon, bei der eine Seelsorgerin das Hochgebet mitgesprochen hatte, und die Aussage einer St. Galler Seelsorgerin gegenüber SRF, sie habe Sakramente gefeiert.

 

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