Bischof Felix Gmür bedauert das Vorgehen. «Das darf nicht mehr vorkommen.» Foto: Pia Neuenschwander

Bischof Gmür gesteht Scheitern in Missbrauchsfall ein

Stellungnahme von Bischof Felix Gmür zum Missbrauchsfall, den der «Beobachter» publik gemacht hat

Bischof Felix Gmür nimmt umfassend Stellung zum Missbrauchfall, den die Zeitschrift «Beobachter» am Donnerstag publik gemacht hat. Die korrekten Verfahrensschritte hätten nicht eingehalten werden können. Das sei ein Scheitern, «das nicht mehr vorkommen darf».

In einer Stellungnahme, welche die Kommunikationsstelle des Bistums Basel am Freitag verschickt hat, heisst es, der «Beobachter»-Artikel halte zutreffend fest, dass das Bistum Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattete. Aufgrund der Verjährung wurde diese jedoch nicht weiterverfolgt.

Bei der kirchlichen Voruntersuchung, die das Bistum eingeleitet habe, räumt das Bistum Fehler ein: Der damalige Voruntersuchungsführer sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die vom Missbrauch betroffene Person die eingereichten Dokumente – in diesem Fall ihre Tagebuchnotizen - unterzeichnen müsse, damit diese im Verfahren Gültigkeit hätten. «Daraufhin wurde die Voruntersuchung mangels Unterschriften abgeschlossen, ohne den Fall nach Rom zu melden. Damit geschah der zweite Fehler. Denn gemäss der kirchenrechtlichen Meldepflicht hätte der Fall zusammen mit den gesamten Akten der zuständigen Behörde in Rom übermittelt werden müssen – unabhängig von der Einschätzung des Voruntersuchungsberichts, ob ein kirchliches Strafverfahren eingeleitet werden soll oder nicht», schreibt das Bistum in seiner Mitteilung. Deshalb habe der Bischof die Angelegenheit nochmals überprüft, den Fehler behoben und am 4. Juli 2023 alle Akten nach Rom übersandt.

Dass es nicht gelungen ist, die korrekten Schritte umzusetzen, anerkennt der Bischof als ein Scheitern, das nicht mehr vorkommen darf. Diese Verfahrensfehler haben der betroffenen Person zusätzlichen Schaden zugefügt. Der Bischof bedauert dies zutiefst, genauso wie die Tatsache, dass dem Recht der betroffenen Person auf einen würdigen Umgang und ein kirchenrechtlich konformes Verfahren in der Vergangenheit nicht entsprochen wurde. Der Fall wird aktuell in Rom geprüft, damit die betroffene Person Gerechtigkeit erfährt. (sys)

«Der Bischof hat die Angelegenheit nochmals überprüft, den Fehler behoben»

Das Netzwerk der Pfarreiblattredaktionen der deutschsprachigen Schweiz (Arpf) hat der Kommunikationsstelle des Bistums Basel Fragen zum «Beobachter»-Fall um den mutmasslichen sexuellen Missbrauch gestellt. Wir dokumentieren hier die vollständigen Antworten seitens der Verantwortlichen des Bistums Basel.

Arpf: Gemäss Artikel nimmt das Opfer 2018 Kontakt mit der Anlaufstelle des Bistums auf. Es sei zu einigen unverbindlichen Treffen gekommen. «Warum sie damals keine offizielle Meldung erstattet hat, kann sie nicht sagen.» Warum hat die verantwortliche Person auf der Anlaufstelle bei Verdacht auf einen mutmasslichen sexuellen Übergriff nicht sofort Strafanzeige/eine kirchenrechtliche Voruntersuchung eingeleitet (Generelle Ermittlungs- und Meldepflicht)?

Bistum Basel: Die betroffene Person muss damit einverstanden sein, dass ihre Meldung bei der Anlaufstelle an die Bistumsleitung weitergegeben wird. Sobald dies der Fall war, wurde das Bistum aktiv. Es ist nicht Aufgabe der Anlaufstelle, Anzeige zu erstatten, und sie kann auch keine Untersuchungen einleiten. Das ist Aufgabe der Bistumsleitung. (Anmerkung d. R.: Das war damals korrekt. Heute wird ein mutmasslicher sexueller Übergriff automatisch zur Anzeige gebracht)

Warum kommt die Genugtuungskommission der Bischofskonferenz zur Entscheidung es handle sich um einen «schwerwiegenden Fall» und spricht eine Entschädigungssumme über 15'000 Franken, während Bischof Gmür zum Schluss kommt, dass sich die Vorwürfe des Opfers nicht bestätigt hätten?

Die Genugtuungskommission macht eine Plausibilitätsprüfung, das Bistum prüft juristisch. Die beiden Wege folgen sehr unterschiedlichen Regeln und sind nicht direkt miteinander zu vergleichen. Der Widerspruch ist dennoch nicht zu leugnen. Der Bischof anerkennt, dass damals Verfahrensfehler gemacht wurden, die dazu geführt haben, dass kein kirchenrechtliches Strafverfahren eröffnet wurde.

Warum entscheidet Bischof Gmür nach der kanonischen Voruntersuchung, die Dokumente der Untersuchung nicht nach Rom zu schicken und wie begründet er dies?

Der damalige Voruntersuchungsführer war der Meinung, dass nicht genügend Hinweise vorliegen und ging fälschlicherweise davon aus, dass das Bistum die Akten nicht nach Rom schicken muss.

Weshalb hat Bischof Felix Gmür die Akten am 4. Juli dieses Jahres dennoch nach Rom geschickt?

Der Bischof hat die Angelegenheit nochmals überprüft, den Fehler behoben und alle Akten nach Rom übersandt.

Warum verhängte der Bischof dennoch ein Tätigkeitsverbot für den beschuldigten Priester in seinem Bistum, wenn sich doch die Vorwürfe des mutmasslichen Opfers angeblich nicht erhärten liessen?

Das Tätigkeits- und Kontaktverbot für den beschuldigten Priester wurde schon zwei Wochen vor Beginn der Voruntersuchung verhängt. Diese Schutzmassnahme wurde erlassen, um die betroffene Person vor jeglicher Einflussnahme durch den Beschuldigten zu schützen.

Warum werden die Aufzeichnungen des Opfers nicht in die Beurteilung einbezogen?

Die Aufzeichnungen wurden durchaus einbezogen, aber aus heutiger Sicht falsch beurteilt.

Wieso händigt Bischof Gmür die Unterlagen, die nicht in die Beurteilung einfliessen und deren Richtigkeit in Zweifel gezogen werden, dem Beschuldigten aus?

Der damalige Voruntersuchungsführer hat fälschlicherweise Kriterien, die für ein kirchliches Strafverfahren gelten, bereits auf die Voruntersuchungsphase angewendet. Er war der Überzeugung, dass bereits für die Voruntersuchung dem Beschuldigten alle Beweise vorgelegt werden müssen, damit sich dieser angemessen verteidigen kann. Das ist verfahrensrechtlich nicht korrekt.

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