Wie soll er sich entscheiden? Papst Franziskus an der Schlussmesse zur Weltbischofssynode am 29. Oktober im Vatikan. / Foto: Reuters, Yara Nardi

Bischofssynode diskutierte Reformen

Ringen um das Abschlussdokument

Vier Wochen lang hat die Bischofssynode im Vatikan über Kirchenreformen debattiert. Es war ein Ringen zwischen Reformer:innen und Konservativen. 22 Kapitel umfasst das Abschlussdokument. Frauen sollen etwas mehr Einflussmöglichkeiten bekommen und die Macht der Bischöfe soll eingeschränkt werden.

von Annalena Müller, kath.ch (Bearbeitung kr)

Am Nachmittag des 28. Oktober wird den versammelten 345  Delegierten aus aller Welt das gesamte Dokument zunächst vorgelesen. Dann folgt die Abstimmung. Jeder Absatz muss zwei Drittel der Stimmen erhalten. Am späten Abend ist es vollbracht. Die Bischofssynode nimmt das 37-seitige Abschlussdokument an.

Bischöfliche Macht

Kapitel 12, «Bischof in kirchlicher Gemeinschaft», birgt die vielleicht grösste Überraschung des Abschlussdokuments. Hier wird eine «Kultur der Transparenz und die Einhaltung von Verfahren zum Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen» gefordert. Die Weltsynode fordert eine Gewaltenteilung. Nicht mehr der Bischof soll Richter seiner Priester sein, sondern ein «anderes Gremium». Implizit erkennt die Synode die systembedingte bischöfliche Befangenheit bei der Missbrauchsbekämpfung an. Weiter fordert die Synode eine periodische Überprüfung der bischöflichen Arbeit und die Implementation einer «Kultur der Rechenschaftspflicht». Mit klaren Worten benennt die Weltkirche hier die systemischen Faktoren des Missbrauchskrise und -vertuschung.

Ausweichen beim Thema Frauen

Kapitel neun widmete sich explizit den Frauen. Ein Scheitern der Abstimmung an diesem umkämpften Thema sollte auf jeden Fall vermieden werden. Worauf man sich einigen konnte: «Die Kirchen in aller Welt haben den Ruf nach einer stärkeren Anerkennung und Aufwertung des Beitrags der Frauen klar formuliert.» Es müsse künftig diskutiert werden, wie «die Kirche mehr Frauen in bestehende Rollen und Ämter einbeziehen» kann, «um die Charismen aller besser zum Ausdruck zu bringen und den pastoralen Bedürfnissen besser gerecht zu werden». Und falls neue Ämter für Frauen «erforderlich sind», müsse geklärt werden, «auf welcher Ebene und in welcher Weise». Nicht einigen konnte man sich in der Frage des Diakonats. Hier gibt das Abschlussdokument die verschiedenen, faktisch unvereinbaren Positionen wieder und verweist auf die noch ausstehenden Ergebnisse der vom Papst eingerichteten Kommissionen. «Wenn möglich sollten die Ergebnisse» auf der Synode im Oktober 2024 vorgestellt werden.

LGBTQ+ tauchen nicht auf

Noch weniger Fortschritt gibt es beim Thema «LGBTQ». Kapitel 15, «Kirchliche Unterscheidung und offene Fragen», erkennt an: «Einige Themen wie die Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung, das Ende des Lebens, schwierige Ehesituationen und ethische Fragen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz sind nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche umstritten, weil sie neue Fragen aufwerfen.» Dass bei diesem Thema die Kontroversen besonders gross waren, ist bekannt. Und es zeigt sich in der Wortwahl, die vor allem eines vermeidet: sich festzulegen. «Es ist wichtig, sich die nötige Zeit für diese Überlegungen zu nehmen und unsere besten Kräfte darauf zu verwenden, ohne sich zu vereinfachenden Urteilen hinreissen zu lassen, die den Menschen und dem Leib der Kirche schaden.»

Schweizer Stimmen

Die Schweizer Delegation, angeführt von Bischof Felix Gmür und Frauenvertreterin Helena Jeppesen-Spuhler zeigten sich an einer Medienkonferenz ob ihrer Synodenerfahrung begeistert. Positiv überrascht zeigten sie sich vom klaren Votum der Weltsynode zur bischöflichen Gewaltenteilung. Für den zweiten Teil der Weltsynode will Bischof Gmür konkrete Vorschläge für das Frauendiakonat ausarbeiten lassen. Hier könne die Schweiz einen wichtigen Beitrag leisten.

 

In einem Jahr folgt der zweite Teil dieser Weltbischofssynode im Vatikan. Am Ende entscheidet der Papst. Am 13. November informieren Bischof Felix Gmür und Helena Jeppesen-Spuhler über ihre Erfahrung in Rom: 19.00 bis 21.30, Kirche St. Peter und Paul, Poststrasse 15, Aarau.

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