«Meine religiöse Sozialisierung in der Pfarrei Bruder Klaus war prägend.» Johannes Matyassy. Foto: Ruben Sprich

«Bitte kein Birchermüesli»

Johannes Matyassy ist neuer Präsident im Haus der Religionen

Johannes Matyassy ist der neue Präsident des Vereins «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen», der das Haus am Europaplatz betreibt. Nach Gerda Hauck und Regula Mader ist er die dritte katholische Person in diesem Amt. Das Haus feiert nächstes Jahr sein zehnjähriges Jubiläum.

Interview: Andreas Krummenacher

«pfarrblatt»: Man verbindet Sie mit der Diplomatie, mit der Aussenpolitik, mit der FDP, mit dem Krisenmanagement zu Beginn der Coronapandemie. Was haben Sie mit Religion am Hut?

Johannes Matyassy: Damit hat alles angefangen. Ich gehöre zur Pfarrei Bruder Klaus hier in Bern. Dort startete ich meine Karriere als Siebenjähriger bei der Pfadi. Ich war Ministrant, Mitglied im Pfarreirat, im Kirchgemeinderat. Irgendwann wurde ein Sekretär für den Grossen Kirchenrat gesucht, und ich engagierte mich in der damals neugeschaffenen Synode.

Ich ging dann beruflich nach Argentinien und konnte diese kirchlichen Verpflichtungen nicht weiterführen. Durch meine berufliche Tätigkeit kam ich immer wieder mit anderen Religionen und Kirchen, mit anderen Kulturen, anderen Ländern und Werten in Kontakt. Mit der Pensionierung finde ich jetzt, das war es für mich noch nicht. Mit dem Präsidium im Haus der Religionen schliesst sich für mich ein Kreis.

Woher kommt Ihre Affinität zum Religiösen?

Wahrscheinlich vom Elternhaus. Meine religiöse Sozialisierung in der Pfarrei Bruder Klaus war prägend. Ich verbrachte meine Freizeit im Zusammenhang mit der Pfarrei. Dort hatte ich meinen Kollegenkreis. Am Samstagabend gingen wir in die Messe und anschliessend an den SCB-Match. Wir waren eine «10er-Tschuppelete».

Wo steht der interreligiöse Dialog im Haus der Religionen (HdR)?

Im Haus der Religionen sind acht Religionsgemeinschaften engagiert. Sie sind zusammen im Verein, unter einem Dach. Niemand aber will ein Birchermüesli. Es soll keinen Einheitsbrei geben. Alle leben die je eigene Identität und die eigenen Werte. Auf der anderen Seite spürt man bei allen Gemeinschaften den Willen, den Dialog mit den anderen Religionen zu pflegen. Man trifft sich im Rahmen von Workshops, es gibt einen Austausch. Man möchte auch, dass sich die geistlichen Leitungspersonen miteinander austauschen. Es gibt, so meine ich, noch Luft nach oben. Eine Umfrage dazu läuft. Die Gemeinsamkeiten etwa sollten vertiefter identifiziert werden. Es geht nicht darum, die Unterschiede zu betonen, sondern alle behalten ihre Identität, und man schaut, wo man gewisse Dinge gemeinsam machen kann.


Sie sind Krisenmanager. Das HdR war in den vergangenen Monaten im Fokus. In der Moschee sollen Zwangsheiraten stattgefunden haben. Wie hat das HdR diese Krise gemanagt?

Ich kann das bloss rückblickend beurteilen. Man hat damals als Erstes mit den verschiedenen Glaubensgemeinschaften sofort das Gespräch gesucht. Man musste zunächst herausfinden, was konkret vorgefallen war. War es tatsächlich im Haus der Religionen, wer war involviert – diese Fragen mussten geklärt werden.

Sie müssen wissen, dass die einzelnen Religionsgemeinschaften autonom sind, sich zunächst selbst organisieren. Es ist darum wichtig, dass man rasch einen Verhaltenskodex erarbeitet hat, um künftig solche Vorkommnisse zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft hat in der Zwischenzeit das Verfahren eingestellt. Kennt man die Hintergründe, ist das nicht überraschend. Es gab und gibt Workshops im Haus mit der «Fachstelle Zwangsheirat».

Die Diskussionen sind sehr tief und lebendig. Diese Geschichte hat die Menschen im Haus der Religionen tief bewegt und erschüttert – auf mehreren Ebenen. Die Emotionen sind immer noch vorhanden. Wir bleiben am Thema dran. Das unmittelbare Krisenmanagement war im Rahmen des Möglichen gut. Ich weiss, dass die Medien das schreiben, was für sie interessant ist, und nicht das, was man gern hätte. Es gab in den Medien unzutreffende Aussagen. Wir schauen vorwärts und wollen das Thema weiter seriös bearbeiten.

Hat Ihnen Ihre Vorgängerin Regula Mader etwas ans Herz gelegt?

Wir haben viel miteinander geredet, wir stehen weiter in Kontakt. Sie hat mir viel aus dem Innenleben des Hauses erzählt. Es war ein guter Übergang. Ein wichtiger Punkt in unseren Gesprächen war ein möglicher Leistungsvertrag mit dem Kanton. Sie wies mich auch auf das 10-Jahre-Jubiläum im nächsten Jahr hin. Das Haus der Religionen am Europaplatz wurde 2014 eröffnet. Ein Buch soll erscheinen, eine virtuelle Tour entsteht. Wir wollen das Jubiläum gut nutzen. Merken Sie sich den Termin vor: Am 14. Dezember 2024 gibt es einen grossen Festakt. Darauf freue ich mich.

Was gefällt Ihnen am Haus der Religionen?

Man betritt das Haus und sieht als Erstes das Restaurant. Das strahlt für mich sofort Wärme aus. Man ist willkommen, kann etwas trinken oder essen. In einer katholischen Kirche habe ich das Weihwassergefäss, im Haus der Religionen werde ich zum Bleiben angesprochen, zum Verweilen. Die Freundlichkeit der Menschen ist beeindruckend. Das Haus der Religionen ist im wahrsten Sinn ein Symbol, dass es verschiedenen Religionen, Nationen und Kulturen gelingt, gemeinsam etwas mit Leben zu füllen.

Ich hoffe, es gibt kein Birchermüesli …

Sehr richtig, es gibt als Dessert eine Mangocreme.

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