«Das Ferienlager hat meinen Kopf erfrischt»

Der Verein «Kariim» ermöglicht Ferien für junge Geflüchtete.

Der Verein «Kariim» hat sich zum Ziel gesetzt, jungen geflüchteten Menschen Ferien zu ermöglichen. Die Nachfrage wächst stetig.

Von Christina Burghagen

Am Lagerfeuer sitzen, im Seilpark Mut beweisen, einem Käser über die Schulter schauen oder in ein Alphorn blasen – das sind Ferienaktivitäten, die den Kopf freimachen. Der Verein «Kariim» setzt sich dafür ein, dass jungen Menschen, die ohne Familie in die Schweiz geflüchtet sind, sich eine Auszeit vom Leben als Asylantragsteller*innen erleben dürfen. Einfach mal Ferien machen ohne Alltag im Asylzentrum und von zermürbenden Gedanken, ob der Asylantrag bewilligt wird.

Wie alles begann

Spontan organisierte die Burgdorfer Lehrerin Sarah von Gunten mit Freund*innen im Jahr 2019 ein Ferienlager für junge Geflüchtete. Von Gunten hatte in einer Kirchgemeinde Asylsuchenden aus Schafhausen und Umgebung Deutschkurse gegeben. Zudem hatte sie zwei Eritreerinnen in ihrer Wohngemeinschaft aufgenommen. «Wir haben viel Platz, denn wir wohnen in einem ehemaligen Gasthaus», erklärt die junge Frau.

Im Gespräch mit den jungen Menschen wurde ihr bewusst, dass die Ferien für sie belastend sind: «In den Zeiten, in denen keine Kurse und Angebote laufen, fehlt es ihnen an Tagesstruktur und neuen Eindrücken.»

Spontan organisierte von Gunten mit Freund*innen eine Woche Ferienlager für 20 Leute in einem ehemaligen Schulhaus in Beatenberg. Eine Schifffahrt auf dem Thunersee, Wanderungen, der Seilpark in Interlaken und weiteres gehörten zum Programm. Gekocht wurde im Wechsel, mal Spezialitäten aus den Herkunftsländern, mal schweizerisch. Am Abend sass die Feriengruppe am Lagerfeuer bei Gitarrenmusik.

Landwirtschaftliche Fachgespräche

Im Jahr 2020 ging es nach St. Stephan ins Simmental. Nun waren es schon 30 Teilnehmende und zehn Schweizer Begleitende. Das Credo der Veranstaltenden: «Alle sollen sich wohlfühlen, niemand darf am Rande stehen!» Die Anmeldung bei einer Käserei lief erst zäh an.

«Die Älpler-Familie hatte Bedenken, ob das funktionieren würde – mit so vielen Fremden», erzählt von Gunten schmunzelnd. Dann hätten sie eingewilligt und sich viel Zeit genommen. Beim Besuch im Stall stellten sich die Menschen aus Eritrea beim Handmelken sehr geschickt an. Nur die Besamung einer Kuh warf Fragen auf. Bei ihnen in Eritrea würde nach einem Stierkampf der stärkste Stier die Kuh beglücken dürfen, erzählten sie. Es sei herzergreifend gewesen zu beobachten, wie sich die jungen Eritreer*innen und der Käser austauschten!

Diskussionen gäbe es sowieso viele: Um die Gewürze, wie lange man was kocht, wer die Küche putzt oder ob es sinnvoll ist, wenn die Eltern den Ehepartner oder die Partnerin auswählt. «Die Gespräche sind oft lebhaft, aber voller Respekt.

Die Vereinsgründung

Vor dem Ferienlager 2021 wurde den Veranstaltenden klar, dass sie einen Verein gründen und einen Auftritt nach draussen brauchen. Die Website <link https: kariim.ch external link in new>kariim.ch (Kariim = arabisch für gastfreundlich) baute ein Freund aus dem Jemen. Der Verein mit dem Vorstand Freweiny Welday, Jael Blaser, Christa Grütter, Debora Moser, Sarah von Gunten, Mohammed Ghaleb, Daniel Peter und Dan Marmet war schnell gegründet.

Die letzten beiden Ferienlager kosteten rund 10 000 Franken, die mit kirchlichen und privaten Spenden bestritten wurden. Dieses Jahr ging es im Juli nach Weggis mit bereits 37 Feriengästen, acht Betreuenden und fünf Personen in der Küche. Im Luzernischen war es teurer als im Oberland, darum hatte der Verein auch beim Rotary-Club angefragt, der dann die Tour auf die Rigi inklusive Mittagessen übernahm.

Unbezahlbar

Was sie aus so einem Lager als Erinnerung im Herzen mitnehmen, sei kaum in Worte zu fassen, sagt Sarah von Gunten. Die meisten hätten eine schwere Last zu tragen. Die Fröhlichkeit und Dankbarkeit darüber einfach mal durchzuatmen, strahle jede und jeder von ihnen aus. Viele unglaubliche und auch grausame Geschichten aus ihrem Leben werden abends am Lagerfeuer erzählt: «Das Vertrauen ehrt uns!»

*Foto oben: «Jeder soll sich wohlfühlen». Foto: zVg


Stimmen aus dem Ferienlager von Teilnehmenden:


Saleha aus Afghanistan ist tief beeindruckt von ihren Erlebnissen: «Für mich war die Reise mit der Seilbahn auf das Stockhorn fantastisch. Das unterschiedliche Essen war auch gut.»

Mulu aus Eritrea erinnert sich gern: «Ich habe viele nette Menschen getroffen und neue Freunde gefunden. Besonders interessant fand ich, wie man Käse macht oder wie die Beatushöhle entstand. Dieses Ferienlager hat meinen Kopf erfrischt!»

«Oft haben wir Fussball oder Volleyball gespielt. Diese Ferien waren so schön für mich – ich will auch im nächsten Lager mit dabei sein.» hat sich Fiori aus Eritrea fest vorgenommen.

«Ich habe mit Menschen aus verschiedenen Kulturen eine angenehme Zeit verbracht. Außerdem war es für mich eine gute Möglichkeit, mich noch besser in der Schweiz zu integrieren», ist Selim aus der Türkei überzeugt.

Impressionen gibt es <link https: youtu.be external-link external link in new>hier im YouTube-Video


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