Die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK und die Kirchgemeinde Bruder Klaus in Bern haben zu ihrem 70-jährigen Bestehen einen neuen Kunstführer lanciert. Am Wochenende war die vielbesuchte Vernissage.
Von Vera Rüttimann
Die von Herrmann Bauer 1953-1954 konzipierte Kirche Bruder Klaus in Bern ist in der Schweizer Kirchenlandschaft eine architektonische Ikone. Noch heute beeindruckt der Betonbau mit seinen raffiniert ausgearbeiteten Details und seinem markanten Turm. Im Innern dieser Kirche findet der Gast eine bemerkenswerte künstlerische Ausstattung vor. Allen voran eine Rosette, die bei Licht in verschiedenen Farben schillert.
Dieses Jahr wird 70 Jahre Kirche und Kirchgemeinde Bruder Klaus gefeiert. «Das ist auch der Anlass, warum sich einige Gemeindemitglieder, initiiert durch den Kirchgemeinderat, entschlossen haben, unseren Kunstführer neu aufzulegen und neu zu gestalten», sagt Florian Weissgerber, Co-Präsident KGR Bruder Klaus und Mitglied des Projektteams zu Beginn des Festanlasses im Kirchgemeindesaal.
Lebendige Kirchenführer
Beim Programmpunkt «Fokus Gemeinsam Kirche bauen» kann Florian Weissgerber eine Neuheit präsentieren. Im Buch befinden sich QR-Codes zu verlinkten Videos. Dafür wurden mehrere Gemeindemitglieder interviewt. Sie agieren als lebendigte Kirchenführer. Remo Koller etwa schwärmt von der architektonischen Schlichtheit dieser Kirche: «Nichts lenkt einem hier visuell ab.» Oberministrant Janosch Imhof sagt: «Chor, Orgel und die grosse Rosette stechen besonders ins Auge.»
Geballte Sachkompetenz
Im Gemeindesaal und an anderen Orten in der Bruder-Klaus-Kirche hängen grossformatige Bilder von hoher Qualität. Aufgenommen hat sie die Fotografin Dominique Plüss. Mit ihren Bildern von dieser Kirche ist sie nicht nur mit einer Ausstellung, sondern auch im neuen Kunstführer vertreten. Über ihre Arbeit an diesem Werk sagt sie in einer Gesprächsrunde: «Was mich in dieser Kirche sehr beschäftigt hat, war das Licht. Es ist alle paar Minuten anders.»
Auch Markus Andrea Schneider, leitender Redaktor des Schweizerischer Kunstführers, gibt Auskunft über seine Tätigkeit. Bereits im Jahr 1935 habe die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK die Reihe «Schweizerische Kunstführer» lanciert. «Kirchen spielen eine wichtige Rolle bei unseren Kunstführern», sagt er. Diese Reihe wolle dem breiten Publikum Architektur nähe bringen.
Sind Kunstführer heute noch zeitgemäss? «Selbst in Zeiten von TikTok lohnt es sich bei alten Gebäuden, mehr als 30 Sekunden zu investieren», sagt Markus Andrea Schneider. Es gebe zudem wieder mehr Leute, die etwas aus Papier den Händen halten wollen. Die Idee mit den durch QR-Code verlinkten Videos im Buch gefällt ihm ausgesprochen gut: «Da habt ihr eine Pioniertat gemacht. Wir werden das fortsetzen.»
«Unser historisches Gedächtnis»
Ursula Jenelten-Brunner, ehemalige Kirchgemeinderatspräsidenten von Bruder Klaus, moderiert verschiedene Gesprächsrunden. «Die Geschichte dieser Kirche», stellt sie fest, «bedeutet vielen Gemeindemitgliedern etwas.» In der Gesprächsrunde zum Thema «Fokus gemeinsam Kirche bauen» beteiligt sich auch Marie-Louise Beyeler. Sie ist Theologin, Journalistin und Präsidentin des Landeskirchenrates. Seit 50 Jahren ist sie Mitglied dieser Pfarrei. Ursula Jenelten-Brunner sagt über sie: «Du bist unser historisches Gedächtnis in dieser Runde.»
Detailreich erzählt Marie-Louise Beyeler denn auch, wie sich diese Pfarrei in den letzten Jahrzehnten verändert hat: «Am Anfang war das eine deutschsprachige Gemeinde. Hier traf sich das katholische Milieu. Man kannte sich und kaufte seine Schuhe oder Kleider bei einem Pfarreimitglied», schildert Beyeler.
Lebendig, bunt, sichtbar
Fünf Jahrzehnte später ist vieles anders. Heute, so Marie-Louise Beyeler, habe sich diese Pfarrei von einer geschlossenen Welt zu einem multikulturellen Ort entwickelt. Zusammen mit den verschiedenen Sprachgemeinschaften, die hier feiern. «Heute sind wir eine grosse Gemeinschaft. Wir sind eine lebendige und bunte Familie», so Beyeler. Verschiedene Vertreter:innen von anderssprachigen Gruppen betonen in den Videos, wie sehr sie sich in der Architektur dieser Kirche beheimatet fühlen.
So auch Jolanta Klukowska. Das Mitglied der polnischsprachigen Gemeindschaft engagiert sich seit 22 Jahren in Bruder-Klaus: «Wir Polen können unsere kulturellen und spirituellen Bedürfnisse hier gut ausleben.» Wohl fühlt sich auch Christian Geltinger, Leiter der Kommunikation der römisch-katholischen Kirche Region Bern: «Diese Kirche ist wie ein ruhender Pol an einem sehr geschäftigen Ort.»
Nicolas Betticher, seit über zehn Jahren Pfarrer der Pfarrei Bruder Klaus in Bern, merkt über diese Pfarrei an: «Wir möchten zeigen, dass die Kirche nicht nur aus Missbrauch-Geschichten besteht.» «Immer wieder», fügt er an, «suchen die Leute auch nach dem Göttlichen. Sei es im Menschen oder eben in der Architektur einer Kirche.» «Die Menschen», so Betticher, «hängen an einem Gebäude, an einem Brunnen oder einem Turm.» Das seien Symbole, die zu unserer Kultur gehören. Nicolas Betticher mahnt: «Wir müssen Sorge tragen zu unseren sichtbaren Kirchen.»
Hinweis:
Bernhard Furrer, Regula Hug: Die Kirche Bruder Klaus in Bern, in: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgesichte (Hg.), Schweizerischer Kunstführer, Band Nr. 1124, 2023
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