«Der Paukenschlag aus Rom war das Beste, was uns passieren konnte»

Marie-Louise Beyeler zum Synodalen Prozess

Marie-Louise Beyeler plädiert für mutige Änderungen in der katholischen Kirche. Die Präsidentin des Landeskirchenrats der römisch-katholischen Landeskirche des Kantons Bern sieht Handlungsmöglichkeiten für ihr Gremium.

Interview: Sylvia Stam

Am Montag lud die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (der Zusammenschluss aller Landeskirchen, RKZ) zu einer Tagung unter dem Motto «Miteinander. Vorwärts. Inspirationen für mutiges Verändern in der Kirche». In drei Referaten wurde von Voraussetzungen und Kipp-Momenten für konkrete Veränderungen berichtet.

Im Anschluss daran formulierten die Teilnehmenden aus allen Landesteilen und kirchlichen Ebenen Leitsätze, indem sie den folgenden Satz beendeten: «Um synodal Kirche zu sein und immer mehr zu werden, …» An jedem der zehn Tische wurde per Abstimmung der jeweils wichtigste Leitsatz bestimmt.

«pfarrblatt»: Was nehmen Sie persönlich aus diesem RKZ-Fokus mit?

Marie-Louise Beyeler: Es freut mich sehr, dass so viele verschiedene Leute aus der Schweiz angereist sind, um «miteinander vorwärts» zu gehen: Man setzt sich wirklich zusammen, spricht miteinander und hört aufeinander.

Haben Sie Neues gehört?

Die Leitsätze, die aus den Tischgesprächen resultierten, haben wir alle schon mal gehört. Doch auch wenn es nichts Brandneues ist - wir haben offensichtlich die Freude aneinander nicht verloren. Das nehme ich sehr gerne mit.

Welcher Leitsatz aus Ihrer Gruppe fand die meiste Zustimmung?

«Um eine synodale Kirche zu sein und immer mehr zu werden, brauchen wir den Einbezug aller und mehr Gerechtigkeit. Der Satz, der mich persönlich jedoch am meisten beeindruckt hat, lautete: «Um synodale Kirche zu sein und immer mehr zu werden, braucht es Kreativität.» Wir müssen lernen, kreativ zu sein, mutig Neues anzudenken, nach dem Prinzip von «Trial and Error» etwas probieren, auch wenn wir nach zwei oder drei Jahren sagen müssen: Das hat nicht funktioniert, jetzt versuchen wir es anders.

Wo versucht der Landeskirchenrat es anders? Wo ist er mutig?

Wir sind eine staatskirchenrechtliche Exekutive. Wir können weder die Weihe von Frauen noch von verheirateten Männern beschliessen. Wir können aber in dem, was wir strategisch andenken, zusammen mit der pastoralen Seite mutige Akzente setzen.

Wie können diese konkret aussehen?

Im Moment steht im Kanton Bern eine Frage im Raum: Wie können in den Pastoralräumen und Pfarreien Personen ohne Missio Leitungsaufgaben übernehmen? Bisher ist dies an die Missio gebunden, die wiederum nur Personen mit einem Master in Theologie erhalten. Doch es gibt Kirchgemeinden, die verzweifeln, weil sie keine Theologin, keinen Theologen finden. Sie hätten aber eine tüchtige Katechetin, die diese Aufgabe auch übernehmen könnte.

Das Modell gibt es aber im Bistum Basel bereits.

Das Modell gibt es schon, aber im Kanton Bern gibt es keine Anstellung bei der Landeskirche, weil wir an Vorgaben des Kantons gebunden sind. Als Exekutive können wir Signale setzen: die pastorale Seite dazu ermutigen, Leitung anders zu definieren, die Diskussion aufzunehmen, ob die Berufsprofile der vom Kanton bzw. der Landeskirche finanzierten Stellen erweitert werden könnten. Das ist im Moment unmöglich, aber da gehen wir miteinander auf den Weg. Hier beginnt etwas ganz klein zu wachsen, auch wenn es vielleicht noch Jahre dauern wird.

Am RKZ-Fokus wurden pro Tisch mehrere Leitsätze zur synodalen Kirche formuliert. Foto: Vera Rüttimann

Am RKZ-Fokus war die Rede davon, dass es Momente der Entscheidung braucht, Verbindlichkeit bei den Entscheidungen, es braucht einen gewissen Leidensdruck, ehe sich etwas bewegt. Sie sind Mitglied der Steuerungsgruppe zum Synodalen Prozess im Bistum Basel. Was können Sie aus diesen Anregungen einbringen?

Bischof Felix Gmür hat entschieden, eine Steuerungsgruppe einzuführen, die darüber diskutiert, wie man den Synodalen Prozess angehen könnte. Wir waren ein paar Monate sanft miteinander unterwegs, ohne greifbare Resultate. Wir haben eingesehen, dass nicht wir den Weg der Erneuerung definieren können, sondern dass es dazu eine Befragung bräuchte. In dem Moment kam die Nachricht aus Rom, mit einem eng getakteten, weltweiten Synodalen Prozess.

Wurde die Steuerungsgruppe damit überflüssig?

Bischof Gmür hat sehr gut auf die Ankündigung aus Rom reagiert: Er hat eine interne Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich hochprofessionell dieses Themas angenommen und eine professionell gestaltete Kampagne zur Umfrage ins Leben gerufen hat.

Aber die Steuerungsgruppe besteht weiterhin.

Ja, sie steht im Moment zur Seite und beobachtet den Prozess. Wir werden uns anfangs nächstes Jahr treffen, wenn die Resultate der Umfrage vorliegen. Wir haben uns ja bereits intensiv mit der Situation in unserem Bistum und Fragen zur Erneuerung der Kirche auseinandergesetzt. Der Paukenschlag aus Rom war das Beste, was uns jetzt passieren konnte.

 

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