Bischof Felix Gmür lauscht an der Synodalen Versammlung der Stimme des Volkes. Foto: Hans-Ruedi Huber

«Der Themenspeicher ist praktisch die Stimme des Volkes»

Bischof Gmür zum Synodalen Prozess im Bistum Basel

Wie geht es weiter mit dem synodalen Prozess? «Ich stelle fest, dass mindestens in ganz Westeuropa das Anliegen von Frauen und die Öffnung des Zölibats ein Anliegen ist», sagt der Bischof von Basel, Felix Gmür. «Hier wird sich etwas tun müssen.»

von Stefanie Stahlhofen, kath.ch

kath.ch: Sie haben am 3. Februar mit dem Bischofsrat und der Steuerungsgruppe im Bistum Basel über den synodalen Prozess diskutiert. Was machen Sie seit Montag konkret anders?

Bischof Felix Gmür*: Es ist nicht so, dass ich jetzt etwas anderes zu machen habe. Das wäre eben gerade nicht synodal. Wir wollen eine synodale Kultur verwirklichen und weiterentwickeln. Und da gibt es Leitsätze, die sind in Bearbeitung. Die kann aber nicht einfach der Bischofsrat und die Steuerungsgruppe verabschieden. Es gibt ja schon viele diözesane Gremien. Die werden darüber beraten, Eingaben machen und die Vorschläge können dann gegebenenfalls verabschiedet werden. Das heisst: Der Beratungsprozess hier geht weiter und dann kann am Ende auch ein neuer Text oder eine Leitlinie verabschiedet werden. Das sind alles lange Prozesse. Aber jetzt haben wir auch mit dem Themenspeicher praktisch die Stimme des Volkes.

Das Ganze dauert also. Wie lange hat die Stimme des Volkes noch Geduld?

Alles, was synodal ist, braucht lang. Sonst ist es nicht synodal. Man kann nicht alles haben. Entweder will man, dass alle einbezogen werden, oder man will, dass es schnell geht. Beides geht nicht. Und trotzdem haben wir jetzt schon Einiges erreicht: Die Leitsätze sind jetzt schon da und sie werden bei den nächsten Sitzungen, im Sommer, bearbeitet.

Welcher Leitsatz ist Ihnen besonders wichtig?

Es geht vor allem um eine synodale Kultur. Das ist praktisch ein zirkulärer Prozess: Das heisst, der Glaubenssinn des Volkes kommt in Austausch mit dem Glauben der Kirche, dem depositum fidei. Und das, was die Kirche glaubt, kommt wieder in Austausch und Diskussion mit dem Glaubenssinn des Volkes und beide befruchten sich gegenseitig. Und das dauert. Und es ist nicht so, dass irgendein Begehren einfach umgesetzt oder abgeschmettert wird. Sondern synodal heisst: Man schreitet gemeinsam voran mit neuen Erkenntnissen, die man gewinnt aus der Diskussion und aus dem Austausch. Und ich hoffe, dass wir im Sommer bei den Leitsätzen weiter sind und die Leitsätze verabschieden können.

Unter den Anliegen der Basler «Wir sind Ohr»-Umfrage taucht wiederholt der Themenkomplex Zulassung zum Weihesakrament auf. Es geht um die Öffnung für Frauen und verheiratete Männer. Wie stehen Sie dazu und was denken Sie kommt am Ende dabei rum?

Es gibt eine grössere Anzahl von Gläubigen, die sich eine Öffnung wünscht. Manche haben da Bedenken. Jetzt wird die Bischofskonferenz das Anliegen ihrerseits formulieren. Und das kommt nach Rom. Wie man damit umgehen wird bei der Bischofssynode 2023 oder bereits in der kontinentalen Phase, weiss ich nicht.
Aber: Ich stelle fest, dass mindestens in ganz Westeuropa das Anliegen von Frauen und die Öffnung des Zölibats für Priester ein Anliegen ist. Also hat das schon ein grösseres Gewicht. Aber ich kann nicht in die Zukunft schauen.

Wie wichtig ist dieses Thema im synodalen Prozess des Bistums Basels? Hängt davon das Gelingen des synodalen Prozesses ab?

Ich glaube nicht, dass das Gelingen allein davon abhängt. Das ist ein wichtiger Punkt, aber es gibt ja noch andere wichtige Punkte. Hier wird sich aber trotzdem etwas tun müssen. Ich könnte mir das gut vorstellen, auch über die Schweiz hinaus, über Europa hinaus im Hinblick auf den Diakonat. Oder, was ich mir erhoffen würde, eine theologische Diskussion: Was ist die Aufgabe genau des Ordo, das heisst des geweihten Amtes. Darüber muss man sich offensichtlich neu verständigen.

Vielen jungen Menschen ist wichtig, dass es beim Thema Regenbogen-Pastoral vorangeht. Wie sehen Sie das?

Niemand soll sich ausgeschlossen fühlen in der Kirche. Und wenn das jetzt so ist, ist das schlecht. Und da ist das ganze Bistum, die ganze Kirche in der Pflicht, die Leute einzubeziehen und nicht auszuschliessen. Das ist auch ein wichtiges Anliegen.

Wie geht es bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle voran?

Die eine Sache ist die Aufarbeitung, die jetzt auf schweizerischer Ebene geschieht, mit dem Projekt der beiden Professorinnen für Geschichte an der Universität Zürich. Die zweite Sache ist die Einrichtung einer Ombudsstelle hier im Bistum Basel, hier geht es ja eher um Intervention. Da ist zu bestimmen, für wen genau diese Ombudsstelle sein soll. Auch ist zu klären, wo diese Stelle angesiedelt wird, ob das in den Kantonen ist, ob das auf Bistumsebene ist, was genau die Aufgabe ist. Das ist ein Anliegen für das Bistum. Dieses Anliegen wird in einer Gruppe, die ich 2019 eingesetzt habe, diskutiert und die wird dann gegebenenfalls Aufträge erteilen.

Das heisst, da wird es jetzt nicht so schnell konkrete Entwicklungen geben?

Wenn es einen sexuellen Übergriff gibt, ist der Ablauf schon jetzt klar geregelt: Da gibt es für das Bistum eine externe Stelle oder die Opferhilfestellen, an die man sich wenden kann und wenden muss, wenn man will, dass etwas geschieht. Das sind keine kircheninternen Stellen, sondern sie sind extern. Wie soll das jetzt mit dieser Ombudsstelle sein? Es muss transparent sein und wir müssen genau wissen, für wen sie da ist und zuständig ist, was ihre genaue Aufgabe ist und was Interventionsmöglichkeiten sind.

Wie sehen Sie die Rolle der Bischöfe beim Thema Missbrauch? Sollten Bischöfe auch persönliche Konsequenzen ziehen?

Jetzt müssen wir zuerst einmal den Schweizer Bericht abwarten und schauen, was da drin steht. Dann müssen Sie das jeden einzelnen Bischof fragen, ob er persönliche Konsequenzen zieht und was das sein kann. Ich kann da nicht für andere Bischöfe sprechen – und ich kann auch nicht der Studie vorgreifen.

Kommen wir zum Thema Ökumene. Als Anliegen hat das Bistum Basel bei der Schweizer Bischofskonferenz zum synodalen Prozess jetzt eingebracht: Die Einbindung der katholischen Kirche als Mitglied in den Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Wie stehen hier die Chancen?

Diese Entscheidung obliegt den römischen Instanzen und bislang, wenn ich richtig informiert bin, ist die römisch-katholische Kirche unter anderem auch deshalb kein Mitglied, weil sie sofort die absolute Mehrheit bei Abstimmungen hätte. Hintergrund dieses Wunsches ist wohl das Anliegen, die ökumenischen Bemühungen zu verstärken. Die haben wir in der Schweiz auch schon ganz gut verstärkt, wo zum Beispiel jetzt im Rat der Religionen auf christlicher Seite auch die Freikirchen dabei sind oder in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen der Schweiz die gemeinsame Anerkennung der Taufe kürzlich auf die neuapostolische Kirche ausgeweitet wurde.
 

* Bischof Felix Gmür (55) ist Bischof von Basel und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz
 

Lesen Sie dazu auch: Synodaler Prozess: Das ist Thema im Bistum Basel

 

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.