Kirchenmusik bedeutet Thomas Friedrich viel. «Sie umfasst 1000 Jahre Kulturgut und ist Teil meines Lebens.» Kirchenmusiker sei er auch geworden, weil ihn die Verbindung von Wort und Musik vor geistlichem und liturgischem Hintergrund schon immer fasziniert habe.
Dass Kirchenmusik als verstaubt gelte, gehe für ihn mit glanzlosem Spiel oder uninspiriertem Gesang einher. Er versucht, «den überlieferten kirchenmusikalischen Schatz in neue Gewänder zu kleiden, damit er vorurteilsfrei gehört werden kann». Gerne pflegt er dazu auch geistliche Poplieder, Gospels oder Afros und komponiert selbst.
Musik könne einen ganz anders berühren als das reine Wort, und sie mache aus herzlich miteinander singenden Menschen eine Gemeinschaft. Früher sei Kirchenmusik blosses Beiwerk oder Schmuck gewesen. «So hatte etwa eine Mozart-Messe keine liturgische Bedeutung, der Priester musste die lateinischen Texte zusätzlich beten. Das Zweite Vatikanische Konzil hat dies geändert: Alles, was gesagt und gesungen wird, hat liturgische Bedeutung.»
Deshalb sei es heute so wichtig, auf die Verbindung von Wort und Musik zu achten. Wenn alle am Ende des Gottesdienstes froh gelaunt sind, dann «hat vermutlich auch die Kirchenmusik einen guten Job gemacht».
Sein Klavierlehrer riet Patrick Perrella seinerzeit, Musik als «Hobby und Leidenschaft fürs Leben» zu bewahren. Während seines Wirtschaftsstudiums motivierte ihn der damalige Thuner Pfarrer Alois Stammler, seine musikalischen Fähigkeiten in der Kirche einzubringen. So wurde Patrick Perrella Pianist des neuen Jugendchors, baute eine Pfarreiband auf, übernahm erste Orgeleinsätze und wurde nach einem Notfalleinsatz beim Festtagschor dessen Dirigent.
«Seit bald 30 Jahren bin ich nun als begeisterter nebenamtlicher Hobbymusiker hier tätig – mein Klavierlehrer freut sich im Himmel hoffentlich darüber.» Patrick Perrella lebt und bekennt seinen Glauben mit Kirchenmusik. Diese sei zeitlos, entwickle sich und gewinne neue Formen dazu. Heute sei es wichtig, passende Musik auszuwählen.
Für Kindergottesdienste gebe es «wundervolle Lieder», etwa von Andrew Bond oder Kurt Mikula. Neue geistliche Lieder, Popsongs oder die moderneren Melodien und zeitgemässen Texte des ökumenischen Gesangsbuchs «Rise up plus» sprächen die Leute in Thun an. Entscheidend sei, dieses Liedgut sorgfältig und dosiert einzuführen und zu pflegen.
Gute Kirchenmusik komme von Herzen und verliere den Kern der Frohen Botschaft nicht aus den Augen: das Lob Gottes. Die Musik dazu müsse qualitativ gut, aber nicht perfekt sein. «Da hat auch mal ein wackliger Ton Platz. Im Leben gelingt auch nicht immer alles.»
Für Jean-Luc Gassmann hat Musik etwas Unmittelbares. Sie löse Gefühle aus, ohne dass man diese beim Namen nennen müsse. Das ergänze und bereichere die Liturgie sehr.
Als Kirchenmusiker unterscheidet er zwischen Kunst, Tradition und Teilhabe. Werke alter Meister verdienten Respekt, aber manchmal sei etwas anderes gefragt. Wolle man möglichst viele Menschen ansprechen, müsse man sich dem Zeitgeist anpassen, «am liebsten, ohne dabei den grossen Reichtum vergangener Jahrhunderte verstauben zu lassen.»
Gut ist Kirchenmusik für Jean-Luc Gassmann, wenn sie überzeugt, berührt und das gesprochene Wort ergänzt, interpretiert und hervorhebt. Die Orgel findet er rundum höchst beeindruckend, «schwer zu sagen, warum sie dermassen aus der Mode gerät». Ihre räumlich oft grosse Distanz zur Gemeinde erschwere das Begleiten gewisser Lieder. So hielten Klavier und Gitarre Einzug in die Kirche, die dem Raum klanglich zwar nicht gewachsen, dafür aber beweglich seien.
Seiner Erfahrung nach singen die Leute immer noch gern zusammen, weil es festlich und verbindend sei. Den Rahmen dafür zu schaffen, damit sich alle beim Mitmachen wohlfühlen, sei jedoch schwieriger geworden. Heute müsse man die Menschen abholen, dies bedinge auch Kompromisse in der Musikauswahl. «Da gibt’s kein Entweder-oder. Es hat Platz für alles.»
Für Kurt Meier gibt es keine verstaubte Kirchenmusik, nur verstaubtes Musizieren. Er spielt von Bach über Mendelssohn bis hin zu Messiaen und Stockhausens Tierkreis fast alles und versucht, stets lebendig zu musizieren.
Gute Kirchenmusik spreche die Anwesenden immer zumindest teilweise an, genau wie das zuweilen herausfordernde Evangelium. In der Kirchenmusik stecke ein riesiger Schatz an Altem und Neuem, auf den «der weltliche Konzertbetrieb, der immer wieder Schlager bringt, um die Kasse zu füllen, nur mit Neid blicken kann».
Die vielfältigen Instrumententypen und der orchestergleiche Farbenreichtum der Orgel faszinieren Kurt Meier, die Königin der Instrumente bleibt für ihn aber die Stimme. Wie das gemeinsame Beten werde auch der gemeinsame Gesang im Gottesdienst «um etliche Dimensionen reicher» als zu Hause.
Idealerweise können Gemeinde, Chor und Soli zusammenwirken. Die kirchenmusikalischen Ansprüche bei Hochzeiten und Beerdigungen kämen mittlerweile oft aus musikalischen Alltagsgewohnheiten heraus, ohne viele Überlegungen, ob und wie man diese in Bezug zum Gottesdienst bringen könne. «Da ist zuweilen viel Fingerspitzengefühl den Beteiligten und der Liturgie gegenüber gefragt.»
Weniger als von den Stilrichtungen hänge die Zukunft der Kirchenmusik von jener der Kirchen in Europa ab.