Ludwig Stocker im Mai 2021 in Langenthal. Foto: zVg

Die Welt und das Menschsein besser verstehen

Der Künstler Ludwig Stocker

Lugwig Stocker ist vielseitig begabter Künstler. Seine Werkserien enthalten Skulpturen, Zeichnungen, Collagen und Malerei. Sein Denken und sein gestalterisches Schaffen ist äusserst vielschichtig.

Von Vera Rüttimann

«pfarrblatt»: Ludwig Stocker, Sie haben ihre Werke schon oft in kirchlichen Einrichtungen gezeigt. Was zieht Sie mit ihren Werken dorthin?

Ludwig Stocker: Seit meiner frühen Jugend haben mich Kirchenräume mit ihrer besonderen Stimmung, ihren Bildern und Skulpturen, stark beeindruckt. Ich denke, dass ich auf Grund dieser Veranlagung die vielen Anfragen in Kirchenräumen etwas zu gestalten, gerne aufgenommen habe.

So konnte ich in einer Anzahl von Kirchenräumen Altar - Ambo - Taufstein ausführen, in direkten Aufträgen oder aus Wettbewerben hervorgehend. Dazu kamen Aufträge für Bilder und Skulpturen figurativ-themenbezogener Art, Bildinstallation zur «Johannespassion», grossformatiger Bildzyklus zu «Messiaserwartungen» und «Verkündigung», alle in Bezug zur Gegenwart.

Meine Skulpturen im gotischen Chorraum, mit Darstellungen früher Glaubensboten, Propheten und Aposteln, sind, unter Beiziehung historischer Vorbilder, eine Neubearbeitung im Sinne von Dekonstruktion - Rekonstruktion. Kirchen empfinde ich als Orte grosser magischer, mythischer und von existenzieller und kultureller Bedeutung. Sie sind insofern mit Kunst eng verwandt.

Wie kam und kommt es dazu, dass Sie sich mit ihrem Werk humanistisch-philosophisch und auch religiös mit der Welt und den Menschen auseinandergesetzt haben? Gab es ein prägendes auslösendes Moment?

Meine Eltern, die beide stark kirchlich-religiöse Bindungen hatten, legten Wert darauf, mir diese weiterzugeben und ich hatte diese Impulse aufgenommen. Ich vermute stark, dass damit eine Ausgangslage geschaffen wurde für mein, bis heute andauerndes Interesse und Studium auf den Gebieten Religion, Kunst und Philosophie und allgemein an allen kulturellen Überlieferungen. Diese Tatsache hat sich mehr oder weniger bewusst in meiner Arbeit abgezeichnet. 

Mit welchen künstlerischen Mitteln haben Sie besonders gerne gearbeitet?  Ist es der Stein, der etwas zeitloses hat, was für Sie wichtig erscheint? Oder ist es doch Styropor?

Von der Antike bis in die Neuzeit wurden in der Skulptur feste, fast unzerstörbare Materialien verwendet, wie Stein oder Bronze. Dies nicht nur, weil kein leichter zu bearbeitendes Material bekannt war. Mit Steinskulpturen kam zum Ausdruck, dass es verbindliche, festgefügte Weltbilder gab.

Diese Sicherheiten sind heute erschüttert. Um diesem nicht absolut gesicherten Denken der Neuzeit Ausdruck zu geben, verwendete ich vielfach ein zerbrechliches, fragiles Material: Styropor.  Die Skulptur in Langenthal ist aus Stein, weil sie ein immer gültiges Thema darstellt, nämlich das Herausgehen, das Aufbrechen. 

Wollten Sie schon immer Künstler werden? Wenn ja, warum?

Ich wollte in dem Sinn nie Künstler werden. Kunst ist und war für mich immer eine Möglichkeit, die Welt und das Menschsein besser zu verstehen. 

Auf der linken Seite des Eingangs zur römisch-katholischen Stadtpfarrkirche St. Maria Königin Langenthal steht seit diesem Sommer ihre 2003/04 entstandene Skulptur aus Rosamarmor. Sie ist umgezogen von der reformierten Kirche. Wie findet Sie die Lösung mit Ihrem Werk in Langenthal?

Ich bin der reformierten Kirche Langenthal dankbar für die Ausstellung, zu der ich in ihren Räumen eingeladen wurde und für die grosszügigen Ankäufe, die sie gemacht haben. Dass die Skulptur nun bei der katholischen Kirche einen schönen Platz gefunden hat, freut mich herzlich. 

Ihre Skulptur trägt den Titel «Vom Herausgehen». Wo werden Ihre Werke dereinst hingehen?

Was mit meinen Werken dereinst geschieht, ist kein Thema, das mich ernsthaft beschäftigt. Die noch zurückgebliebenen Werke sind in guten Händen bei meiner Partnerin und meinen vier Kindern. In sie habe ich Vertrauen, was auch immer geschieht.

 

Ludwig Stocker,  Bildhauer und Maler, lebt und arbeitet in Basel, Schweiz. Er wurde 1932 in Herisau geboren und bildete sich in St. Gallen und an der Accademia di Belle Arti in Rom aus.
1959: Ausstellung «Ostschweizer Künstler» im Kunstmuseum St. Gallen. Von da an zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland.
http://www.ludwigstocker.ch


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