Der Pfarreiseelsorgerin Franca Collazzo Fioretto gefällt die Idee einer aufsuchenden Kirche. Foto: Pia Neuenschwander

Dienst mit Herz

Franca Collazzo Fioretto ist neu Pfarreiseelsorgerin

Franca Collazzo Fioretto, 52, ist als italienische Seconda in Spiez aufgewachsen. Sie hat dort zehn Jahre in der Verwaltung gearbeitet, bevor sie nebenamtlich als Jugendarbeiterin und Katechetin tätig wurde. Später bildete sie sich zur Religionspädagogin RPI weiter. Ende Mai hat sie Bischof Felix Gmür nun als ausgebildete Pfarreiseelsorgerin in Ostermundigen eingesetzt.

Interview: Anouk Hiedl

«pfarrblatt»: Gesellschaft und Kirche sind im Umbruch. Warum haben Sie sich in dieser Krise oder Zeitenwende für eine kirchliche Arbeit entschieden?

Franca Collazzo Fioretto: Kirche und Glaube waren mir schon als Teenager wichtig. Ich hatte meine Peergroups in der kirchlichen Jugendarbeit bei der Missione Cattolica Italiana in Thun. Als Jugendliche schenkte mir der Glaube das nötige Vertrauen für die Herausforderungen des Alltags. Nach meiner Verwaltungslehre war es mir deshalb wichtig, meine Erfahrungen mit dem Glauben weitergeben zu können.

Nun haben Sie Ihre Ausbildung zur Pfarreiseelsorgerin abgeschlossen. Was hat Sie im Theologiestudium besonders interessiert?

Vor allem die Kirchengeschichte, insbesondere die mittelalterliche Visualisierungsfrömmigkeit.

Und was gefällt Ihnen im Beruf? Kommen Sie manchmal an Ihre Grenzen?

Als Seelsorgerin gefällt mir das Unterwegssein mit Menschen am meisten – sei es mit Kindern im Religionsunterricht, mit der Vorbereitungsgruppe «Fiire mit de Chline» oder mit Menschen, die ich besuche oder denen ich bei verschiedensten Anlässen in der Pfarrei begegne. Auch die gemeinsamen Gottesdienstfeiern erfüllen mich immer wieder. Alles was für mich neu ist, lässt mich meine Grenzen spüren. Aber ich habe gelernt, dass sich diese überwinden lassen.

Was braucht es als Pfarreiseelsorger:in?

Ich stelle den Dienst am Menschen in den Vordergrund. Die stetige Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben erachte ich als nötig, um diesen teilen zu können. Das Bemühen, im Alltag Jesu nachzufolgen, ist ebenso wichtig. Beten und Dankbarkeit erleichtern den Berufsalltag und gehören deshalb dazu. Natürlich braucht es auch Liebe und Einfühlungsvermögen. Als Pfarreiseelsorger:in sollen Aufgaben nicht ausgeübt werden, weil sie im Pflichtenheft stehen, sondern weil sie ein Herzensanliegen sind.

Wären Sie gern Priesterin?

Ich weiss, was für mich als Frau in der katholischen Kirche möglich ist, darum habe ich mir die Frage so nie gestellt. Ich finde es aber sehr schade, dass ich auf eine Tauf- oder Heiratsanfrage nicht spontan mit einer grossen Selbstverständlichkeit «Ja, gern!» antworten kann, sondern sie zu einem Priester oder dazu Berechtigten weiterverweisen muss. Dass wir Frauen gesellschaftlich noch nicht überall gleichberechtigt sind, finde ich beschämend. Ich würde mir eine Kirche wünschen, die in Sachen Gleichberechtigung der Gesellschaft vorausgeht.

Die Kirche sieht sich mit stets weniger Gläubigen und Personal konfrontiert. Was heisst das für die Zukunft?

Vielleicht heisst es weniger ist mehr! Ich finde die Idee einer mobilen Kirche spannend, die überall präsent sein kann, wo sich Menschen aufhalten. Eine aufsuchende Kirche, eine Chance!

Was braucht es, um die Kirche wieder zu stärken?

Es braucht Menschen, die sich von der Frohbotschaft Gottes berühren lassen und in die Nachfolge Jesu treten. Es braucht auch Glaubwürdigkeit, damit die Kirche die «Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art» mit den Menschen teilen kann. Alle Gläubigen zusammen mit den unterschiedlichsten Begabungen arbeiten daran, das Reich Gottes aufzubauen.

 

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