Seit 40 Jahren engagiert in der katholischen Kirche Region Bern: Michel Conus. Foto: Tanja Läser

«Ein Dach über dem Kopf ist das Wichtigste»

Michel Conus, Parlamentspräsident der Landeskirche im Interview

Seit rund 40 Jahren engagiert sich Michel Conus, Parlamentspräsident der römisch-katholischen Landeskirche des Kantons Bern für die katholische Kirche der Region Bern. Nach 20 Jahren ist er nun aus dem Kleinen Kirchenrat zurückgetreten. Fürs «pfarrblatt» hat sich der «Romand de Berne» auf einen verbalen Schlagabtausch eingelassen, in dem er über seine Werte und Prioritäten nachdenkt.

Interview: Anouk Hiedl

«pfarrblatt»: Ostern oder Weihnachten?

Michel Conus: Weihnachten – für mich ein leuchtendes Fest und die Gelegenheit, die ganze Familie zusammenzubringen, normalerweise im Tessin.

Oratorium oder Gospel?

Gospel. Ich mag diese Musik sehr, genauso wie den traditionellen mehrstimmigen Männergesang auf Korsika, der sich vermutlich aus dem gregorianischen Choral entwickelt hat.

Pfadi oder Jubla?

Pfadi! Was für wunderbare Erinnerungen – wir verbrachten unsere Samstage in der Gruppe St.-Martin der Paroisse und nahmen anschliessend am Gottesdienst teil. Der «ciné-club», zahlreiche Töggeli- und Billardturniere sowie Diskussionen füllten unsere Abende in der «Cave de la Prairie», unserem Jugendtreffpunkt. In einem der Pfingstlager bekam ich meinen Pfadinamen: «Alpaca»…

Altes oder Neues Testament?

Neues Testament. Ich bin offen für Neues, bei uns Katholik:innen etwa für verheiratete Priester und fürs Frauenpriestertum.

Deutschschweizer oder Romand?

Romand. Meine Eltern lebten ursprünglich in Neuchâtel. Nach dem Krieg bewarb sich mein Vater als Chiffreur beim EDA, und wir zogen nach Bern. Damals war die «École de langue française» noch privat und wurde nicht vom Kanton subventioniert. Ich besuchte daher die Schule in deutscher Sprache. Unsere Kinder hingegen besuchten die «École cantonale de langue française», obwohl wir wussten, dass sie so später wahrscheinlich in die Westschweiz ziehen würden. Heute leben sie in Bern, Lausanne und Genf. Meinen Militärdienst habe ich bewusst im Kanton Neuenburg geleistet, erst als Füsilier, dann als Fourier, ein sehr bereichernder Lebensabschnitt. 2003 wurde ich als «Romand» angefragt, die Paroisse sowie die sprachlichen Minderheiten im Kleinen Kirchenrat zu vertreten. Ich habe dieses Amt gerne übernommen.

Rot- oder Weisswein?

Weisswein aus den Neuenburger Rebbergen. Ich schätze aber auch Tropfen aus den deutschsprachigen Regionen und dem Tessin.

Paroisse oder Dreif?

Ich gehöre seit jeher zur Paroisse. Hier habe ich von Weihbischof Joseph Candolfi bis Abbé Christian Schaller alle Priester gekannt.

Gassenküche oder Notunterkunft?

Als ehemaliger Fourier sage ich spontan Gassenküche. Aber ein Dach über dem Kopf ist genauso wichtig. Ich könnte eher ein paar Tage ohne Essen als ohne Obdach leben.

Freiwilligenarbeit oder Spenden?

Freiwilligenarbeit. Als Freiwilliger schenke ich Bedürftigen etwas von meiner Zeit und Kraft und erhalte dafür persönlich eine grosse Genugtuung.

Diakonie vor Ort oder im Ausland?

Mit den «Freunden von Emmaüs Bern» haben wir zahlreiche Projekte für sauberes Trinkwasser in Übersee unterstützt. An der Elfenbeinküste hatte ich die Gelegenheit, den Bau eines Brunnens zu besuchen und habe dabei Vertretende von «Emmaüs» aus der ganzen Welt getroffen. Das hat mich sehr beeindruckt und ist mir noch heute unglaublich wichtig. Im Rahmen der Diakonie engagiert sich die Paroisse mit verschiedenen ökumenischen Projekten für Jung und Alt.

Pfarrei oder Kirchgemeinde?

Ich war und bin in beiden involviert. Als Familienvater habe ich lange Zeit die Pfadi und die Jugendgruppe begleitet. Zusammen mit weiteren engagierten Menschen habe ich mich auch fürs «Innenleben» der Paroisse eingesetzt. Als Kirchgemeinderat habe ich mich mit Administrativem und Personalfragen beschäftigt.

Grosser oder Kleiner Kirchenrat?

Als Vertreter der Paroisse war ich zwei Jahre lang im Grossen Kirchenrat, der Legislative, tätig. 20 Jahre hatte ich dann einen Sitz im Kleinen Kirchenrat, der Exekutive. Diese Arbeit war anspruchsvoll. Ich fand es spannend, wie es immer eine bestimmte Zeit brauchte, bis wir dem Grossen Kirchenrat etwas Pfannenfertiges präsentieren konnten. Dieser beurteilte das Resultat und entschied dann darüber.

Die katholische Kirche: heilig oder scheinheilig?

Für mich ist die Kirche heilig. Ich hoffe, dass sie es noch ist.

 

Michel Conus, 75, ist als Vertreter der «Paroisse de langue française» seit 2012 Mitglied des römisch-katholischen Landeskirchenparlaments des Kantons Bern, seit 2019 als dessen Präsident. Von 2003 bis Ende März 2023 engagierte er sich im Kleinen Kirchenrat der Gesamtkirchgemeinde Bern. Von 2004 bis 2017 war Michel Conus zudem Präsident der «Freunde von Emmaüs Bern» – auch da unter dem Motto «servir et disparaître».

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.