Das Hebammenwesen - ein Handwerk oder eine Kunst? Anlässlich des internationalen Tags der Hebammen vom 5. Mai ein Kommentar zu diesem Berufsstand.
Anouk Hiedl
Was wäre, wenn Sie in Bukarest statt in Bern oder in Islamabad statt in Interlaken geboren worden wären? Ihr Leben wäre anders, keine Frage. Und Ihre Geburt: Wie wäre diese in Lima statt in Langenthal verlaufen?
Wann, wo und wie auch immer Sie zur Welt gekommen sind, wahrscheinlich hatte Ihre Mutter eine Hebamme zur Seite. Oder mehrere. Der Hebammenberuf gehört zu den urtümlichsten der Welt. Seit dem 6. Dezember 2023 ist das Hebammenwesen auf der Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Damit würdigt die UNESCO dessen weltweite Vielfalt.
Ob in Teheran oder in Thun: Hebammen können mit speziellen Handgriffen die Kindslage im Mutterbauch feststellen. Dazu brauchen sie Kenntnisse, ein gutes Vorstellungsvermögen und ihren Tastsinn. So wird aus einem beherzten «hands-on» eines mit Fingerspitzengefühl.
Hebammen spezialisieren sich in der Geburtsvorbereitung und -begleitung oft weiter, etwa auf Akupunktur, Schwangerschaftsyoga, Moxibustion, Haptonomie oder Hypnobirthing. Von manchen Methoden hörte ich zum ersten Mal, als ich schwanger war. Auf einer Geburtsstation in Papua-Neuguinea sah Katharina Jenzer Hebammen, die bis zu zehn Frauen gleichzeitig betreuten. Die werdenden Mütter waren oft allein in den Wehen. «Hierzulande frage ich nach, ob die Wassertemperatur in der Geburtswanne stimmt. Das ist Luxus», sagt Katharina Jenzer.
Seit meiner eigenen Schwangerschaft zolle ich Hebammen − ihrem Wissen, ihrem Handwerk und ihrer Kunst − grossen Respekt. Seit Jahrhunderten nehmen sie die nächste Generation unter ihre Fittiche. Und stellen sicher, dass Kinder unter den jeweils bestmöglichen Bedingungen geboren werden können. In Frutigen und in Freetown.
Anouk Hiedl, «pfarrblatt»-Redaktorin