«Auf Igor!» / Foto: iStock

Ein Toast auf Igor

Mit der ukrainischen Nachbarschaft anstossen

Was die Ukrainerinnen in der Nachbarschaft bewegt und worauf sie trinken.

Anouk Hiedl

Seit gut einem Jahr lebt Natalia mit ihren beiden Töchtern Masha und Uliana in unserem Ort. Seither treffen wir uns ab und zu zum gemeinsamen Spazieren, Spielen oder Essen. Als wir zu Neujahr zusammensassen, brachte sie uns bei, worauf man in der Ukraine traditionellerweise trinkt. Erst stösst man auf die Gesundheit an, anschliessend auf die Eltern, dann auf den Sieg und schliesslich aufs Glück. Die weiteren Themen sind frei, oder man fängt wieder von vorne an.

Vor Kurzem waren wir zu Mashas achtem Geburtstag eingeladen, zusammen mit Kindern aus ihrer Klasse, ein paar ihrer ukrainischen Freunde und ihren Müttern. Der Gemein­schaftsraum war farbig und fröhlich dekoriert und der Geburtstagstisch reich gedeckt. Mit Riesenseifen­blasen, Partytröten, Juxartikeln und Kinderspielen, die Masha auf Deutsch erklärte, hatte die bunte Runde viel Spass zusammen.

Die Frauen ihrerseits erzählten in verschiedenen Sprachen aus ihrem Leben. Olga etwa berichtete von der Situation in ihrer Heimat und zeigte aktuelle Fotos von ihrem beschädigten Zuhause und von Blindgängern, die auf den Strassen und in den Wäldern von Irpin herumliegen. Bald wird sie mit ihrer zweijährigen Tochter Sasha zu ihrem Mann zurückkehren. Als Familie werden sie ins weniger gefährliche Kiew ziehen, um ihre Kleine gemeinsam ­aufwachsen zu sehen.

Schliesslich setzte sich auch Natalia zu uns und hob ihr Glas: «Ich möchte mit euch auf Mashas Vater, auf Igor anstossen. Alles, was ihr hier an Geburtstagszubehör seht, stammt von ihm. All das hat er uns per Post geschickt.» An diesem Abend brauchte es keinen weiteren Toast.

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