Tägliche Bibellektüre gehört bei Bianca Forster ebenso zum Alltag wie der Rosenkranz. Foto: Sylvia Stam

«Es fällt mir nicht schwer, alles Weltliche zurückzulassen»

Bianca Forster folgt ihrer innersten Sehnsucht

Ausgang, Töff, Reisen - Bianca Forster (25) genoss das Leben. Doch ihre tiefste Sehnsucht kann nur Gott stillen, ist sie überzeugt. Mitte August tritt sie bei den Schwestern von Mutter Teresa ein.

von Sylvia Stam

«Ich durfte die Welt bereisen und das Leben in vollen Zügen geniessen. Doch in all dem, was die Welt mir bietet, fand ich diese Erfüllung nicht», schreibt Bianca Forster (25) aus Niederwil (SG) in einem Brief an Freund:innen und Verwandte. Mitte August wird sie nach Madrid reisen und in den Orden eintreten, den Mutter Teresa von Kalkutta gegründet hat: die «Missionarinnen der Nächstenliebe».

Das Gespräch findet im geräumigen Wohnzimmer ihres Elternhauses in Niederwil statt, wo sie die letzten Wochen vor ihrem Eintritt verbringt. Auf dem Tisch liegen Bildchen von Mutter Teresa, eine Kerze, die sie im Verlauf des Gesprächs anzündet, zwei Bibeln, ein Rosenkranz, ein Laptop. Die Bildchen wird sie ihren Freund:innen und Verwandten zusammen mit dem Abschiedsbrief schicken.

Die Beziehung zu Jesus habe sie schon als Kind mitbekommen, besonders ihre Mutter habe einen sehr tiefen Glauben, erzählt die junge, zierliche Frau mit dem Benediktuskreuz um den Hals. «Kaum konnten wir lesen, gingen meine beiden Geschwister und ich in die Kinderbibelgruppe.» Tisch-, Nachtgebet und Sonntagsmesse gehörten in der Familie zum Alltag.

Tägliche Anbetung in der «Dreif»

Bianca Forster erzählt ruhig, offen, lacht immer wieder. Von Gott, Jesus, dem Heiligen Geist spricht sie wie von guten Freunden. Der Rosenkranz gehört ebenso zu ihrem Alltag wie die Bibellektüre, die Messe und, wenn es möglich ist, die eucharistische Anbetung.

In Bern, wo sie nach ihrer Ausbildung zur Fachangestellten Gesundheit zwei Jahre Medizin studiert hat, ging sie deshalb auf den Pfarrer der Dreifaltigkeit, Christian Schaller, zu und sagte: «Hallo, ich bin Bianca und ich würde gerne Anbetung machen.» Seither gibt es in der «Dreif» täglich nach der Frühmesse eine Stunde Anbetung.
 

Hallo, ich bin Bianca und ich würde gerne Anbetung machen.


Sie erzählt begeistert von Weltjugendtagen und Adoray-Lobpreisabenden. Auch wenn sich ihre ganze Freizeit «um Gott drehte», war sie weltlichen Genüssen durchaus nicht abgeneigt: Partys, Ausgang, Reisen mit dem Töff - «Ich hatte alles. Und doch habe ich immer nach dem gesucht, was meine Sehnsucht stillt. Aber die Sehnsucht, bedingungslos erkannt und geliebt zu sein, kann nur Gott stillen.» Diese Erkenntnis habe zu ihrer Berufung als Ordensfrau geführt. «Es fällt mir daher überhaupt nicht schwer, alles Weltliche zurückzulassen», sagt sie schlicht.

Eine persönliche Entscheidung

Berufung erfährt sie als ein Gefühl der Gewissheit. Dennoch stellte sich diese nicht von heute auf morgen ein. Am Ende einer Reise durch Afrika machte sie ein Volontariat in Äthiopien, in einem Kinderheim für Aidskranke Kinder. «Ich wollte immer schon denen helfen, die nichts haben.» Hier begegnete sie zum ersten Mal den Mutter Teresa-Schwestern. Deren Arbeit hat sie beeindruckt. «Alle durften so sein, wie sie sind, auch ich fühlte mich völlig angenommen.» Hier habe sie sich zum ersten Mal gefragt: «Bin auch ich dazu berufen?»

Das war vor vier Jahren. Es folgte eine Intensivierung ihres Gebetslebens, die Trennung von ihrem Freund, der Abbruch des Studiums – immer mit dem Ziel, näher bei Gott zu sein. Gottes Willen zu tun, ist denn auch der Sinn ihres Lebens.

Es brauchte allerdings den Anstoss von aussen, bis sie erkannte, dass Berufung auch eine persönliche Entscheidung ist: «Deine tiefste Sehnsucht ist deine Berufung,» sagte ein befreundeter Diakon, als sie bei den Mutter Teresa-Schwestern in Indien war.  Auch nach dieser Entscheidung hatte sie innere Kämpfe: Wie konnte es sein, dass Gott sie zu einer körperlich und psychisch so anstrengenden Tätigkeit berief? «Da habe ich gemerkt: Ich gebe mein Bestes, und der Rest ist bei Gott.»
 

Deine tiefste Sehnsucht ist deine Berufung.

Ein befreundeter Diakon

Und wenn Gott sich täuscht? Bianca Forster lacht laut auf. «Gott macht keine Fehler.» Und wenn die Tätigkeit bei den Missionsschwestern tatsächlich zu streng für sie ist? «Dann hat Gott einen anderen Weg für mich.»

 

Die Gemeinschaft «Missionarinnen der Nächstenliebe» wurde von Mutter Teresa von Kalkutta (1910-1997) in Indien gegründet und ist seit 1950 vom Vatikan anerkannt. Die Gemeinschaft, die weltweit in 139 Ländern vertreten ist, zählt nach Vatikanangaben rund 5’300 Schwestern in weltweit 762 Häusern. In der Schweiz gibt es Niederlassungen in Zürich und Lausanne. Der Orden hat auch einen männlichen Zweig.
Bianca Forster wird anderthalb Jahre als Aspirantin in der Gemeinschaft in Madrid leben, ein Jahr als Postulantin und zwei Jahre als Novizin in Rom. Dann wird sie in verschiedene Länder geschickt und legt die zeitlichen Gelübde (Armut, Keuschheit, Gehorsam und freiwilliger Dienst an den Armen) während fünf Jahren jeweils für ein Jahr ab. Dann, nach fast zehn Jahren, folgen die ewigen Gelübde.

 

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