«Es ist wichtig, auch nach neun Monaten Krieg noch Position zu beziehen», sagt eine Teilnehmerin der Friedensaktion. Foto: Pia Neuenschwander

«Für Frieden zu beten ist unsere Pflicht»

Ökumenische Friedensaktion am Thunplatz in Bern

Zu einer gemeinsamen Friedensaktion luden die katholische Pfarrei Bruder Klaus und die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Petrus am Mittwochabend auf den Thunplatz in Bern. Eine Ukrainierin bestätigte, wie wichtig Gebete für Frieden sind.

Text: Sylvia Stam / Fotos: Pia Neuenschwander

«Das Einzige, was ich für die Ukraine tun kann, ist beten», sagt eine Frau aus der Ukraine gegenüber dem «pfarrblatt». Die Teilnehmerin der Friedensaktion auf dem Thunplatz in Bern steht am Rand des Halbkreises, den die rund 40 Teilnehmenden bilden. Diese tragen Fackeln, die am Friedenslicht aus Bethlehen entzündet worden sind. Während des halbstündigen Gebets hat die Frau unentwegt eine ukrainische Fahne geschwungen.

Die Ukrainierin spricht ein wenig Deutsch, bedient sich aber für komplexere Fragen einer Übersetzungs-App. Die Friedensaktion hat ihr gut gefallen, doch sie bedauert, dass nur eine Handvoll Menschen aus der Ukraine gekommen sind. Auf die Frage, wie sie in Anbetracht des Krieges in ihrer Heimat Weihnachten feiern kann, antwortet die gläubige Katholikin mit Hilfe der App: «Gott ist mir wichtiger als dieser Krieg. Gott ist ewig und sollte gefeiert werden. Ich werde Weihnachten feiern.»

Gott ist mir wichtiger als dieser Krieg.

Eine Ukrainerin

«Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden den Menschen. Das ist die Weihnachtsbotschaft schlechthin», hatte Frank Luhm, Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Petrus, zu Beginn der Feier vor dem Wasserschloss am Thunplatz gesagt. Er erinnerte daran, dass nicht nur in der Ukraine, sondern in 20 weiteren Ländern derzeit weltweit Krieg herrscht.

Handfeste politische Forderungen

Nicolas Betticher, Pfarrer der Stadtberner Pfarrei Bruder Klaus, sprach vom Advent als Zeit der Umkehr. «Wir wollen ein sichtbares Zeichen setzen für den Frieden und für alle Opfer von Krieg und Gewalt beten.» Umrahmt von Adventsliedern, Fürbitten und einem «Vater Unser» sprach Luhm auch handfeste politische Forderungen aus: «Die Konfliktparteien sollen das Völkerrecht respektieren und die Zivilbevölkerung schützen.» Er rief dazu auf, einen Waffenstillstand zu erwirken und wieder Dialogverhandlungen aufzunehmen. «Kriegerische Handlungen verstossen immer gegen christliche Grundsätze», so Luhm, ohne den Namen des russischen Patriarchen Kyrill explizit zu nennen.

Unsere Friedensbotschaft muss glaubwürdig sein.

Nicolas Betticher

«Dieses Jahr hat Weihnachten einen seltsamen Beigeschmack», so Betticher. «Wenn wir Christinnen und Christen heissen wollen, muss unsere Friedensbotschaft glaubwürdig sein.». Aufzustehen und für Frieden zu beten, «ist nicht nur unser Recht, sondern unsere Pflicht».

Weiterhin Position beziehen

«Ich bin hierhergekommen, weil es nötig ist», sagte ein Frau, die in der Kirchgemeinde Petrus beheimatet ist, beim anschliessenden Punsch gegenüber dem «pfarrblatt». «Weil man sonst nichts machen kann». Das gemeinsame Gebet habe sie gestärkt.

«Es ist wichtig, auch nach neun Monaten noch Position zu beziehen, dass wir im Herzen mit allen Menschen sind, die im Krieg sind», sagt eine weiter Teilnehmerin. Sie kennt einige ukrainische Frauen, die hier leben, persönlich. «Da ist viel Leid. Ich darf nicht fragen, ob sie etwas von ihren Männern gehört haben, weil sie dann zu weinen beginnen.»

Hinweis: Interview mit Nicolas Betticher zum gleichen Anlass.

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