Peter Sladkovic-Büchel: ««Wie ein Trainer begleite oder motiviere ich eine Person, ihre Erfahrungen ernst zu nehmen.» Foto: Pia Neuenschwander

«Mit Gottes Gegenwart rechnen»

Was ist geistliche Begleitung?

Der Gemeindeleiter, Theologe und Seelsorger Peter Sladkovic-Büchel hilft Menschen auch als geistlicher Begleiter bei ihrer Suche nach guten Entscheidungen und einem Leben in Fülle.

Interview: Anouk Hiedl

«pfarrblatt»: Seit sieben Jahren leiten Sie die Pfarrei Worb, und seit 20 Jahren sind Sie als geistlicher Begleiter tätig. Was ist da der Unterschied zur Arbeit als Theologe und Seelsorger?

Peter Sladkovic-Büchel: Seelsorge erfolgt in ganz verschiedenen Bereichen, manchmal auch ganz unscheinbar. Geistliche Begleitung hingegen wird bewusst für sechs Monate oder ein Jahr vereinbart. Falls sie länger andauert, wird sie jedes Jahr reflektiert und erneuert. Als geistlicher Begleiter bin ich wie eine Hebamme oder ein Trainer: Ich begleite oder motiviere eine Person, ihre Erfahrungen ernst zu nehmen und mit Gottes Gegenwart im Leben zu rechnen. Als geistlich Begleiteter erahne ich, dass sich etwas fügt, dass sich etwas ergibt, dass ich beschenkt bin. In solchen Erfahrungen entdecke ich Gottes Spuren in meinem Leben.

Wer kommt zu Ihnen?

In den letzten Jahren kommen mehr Männer als Frauen zu mir – überaschenderweise nicht nur aus der katholischen, sondern auch aus anderen Kirchen. Aktuell begleite ich drei Personen längerfristig, und fünf weitere bald wieder im Rahmen von Exerzitien im Alltag.

Wie geht eine geistliche Begleitung vor sich?

Wir treffen uns alle ein bis drei Monate eine Stunde lang persönlich, seit Ausbruch der Pandemie auch per Videokonferenz. Meist frage ich nach einem kurzen spirituellen Beginn nach dem Thema, das die Person mitgebracht hat. Gerne frage ich auch nach Träumen. Ich höre als Begleitperson aufmerksam zu und spiegle, was ich höre. Als Begleitperson glaube ich, dass Gott und die begleitete Person miteinander auf dem Weg sind. Aufmerksames Zuhören, aktives Nachfragen, Wertschätzen und Teilen wichtiger Erfahrungen führen zur Vertiefung dieser Gottesbeziehung. In 30 Jahren als geistlich Begleiteter habe ich das auch immer wieder selbst erlebt.

Wie haben Sie Ihre Begleitperson gefunden?

Mein erster Begleiter in München war ein Jesuit, der mir die Exerzitien empfahl. Seit diesen ersten zehn Tagen Schweigeexerzitien hat mich die Ignatianische Spiritualität immer wieder begeistert, berührt, bereichert, befreit und befriedet. Da ich viele der Begleitpersonen in der Schweiz kenne, habe ich danach immer wieder neue passende Personen für mich gefunden.

Wie merkt man, dass jemand zu einem passt?

Die begleitete Person soll sich aus dem Bauch heraus wohl fühlen, sonst ist eine vertrauensvolle Begleitbeziehung nicht möglich. Deshalb bieten geistliche Begleitende immer ein unverbindliches Erstgespräch an. Aber auch sie müssen sich darüber klar werden, ob sie die jeweilige Person begleiten können oder ob sie zum Beispiel überfordert sind.

Welche Fragen hören Sie öfter, welche waren bislang einmalig?

Am Anfang geht es oft um technische Fragen. Wie kann ich meditieren? Was soll ich tun, wenn es in der Meditation einfach nicht still wird? Wie oft soll man meditieren? Inhaltlich gibt es die ganze Bandbreite des menschlichen Lebens. Warum geschieht mir dies? Warum dieses Problem auch noch? Warum erfahre ich mich so beschenkt? Wie soll ich mich entscheiden?

Welche Rolle spielt Stille?

Stille und Meditation spielen eine grosse Rolle, um geistlich und spirituell unterwegs zu sein. Die meisten Menschen erzählen, dass sie in der Stille am einfachsten zu sich selbst kommen. In unserer Gegenwart erahnen wir so Gottes Gegenwart.

«Es gibt auch die Stille eines Menschen, der zuhört, während ein anderer spricht. Stille erscheint mir wie eine Form von Gastlichkeit, die den Zuhörer einlädt, sich zu Hause zu fühlen, sich hinzusetzen, zur Ruhe zu kommen und vielleicht sogar den eigenen Gedanken nachzugehen.»
John Berger, Schriftsteller

Was bleibt Ihnen unvergessen?

Oh, da gibt es vieles! Ich staune immer wieder, dass es im ganz einfachen Setting der geistlichen Begleitung zu wunderbaren Begegnungen kommt: Wenn sich ein Alptraum verwandelt und mir seine Bedeutung klar wird, oder wenn einem Menschen eine schwere Entscheidung plötzlich leichtfällt. Die letzten Monate haben mich auch darüber staunen lassen, wie gut geistliche Begleitung auch per Videokonferenz wirkt.

 

Weitere Infos: www.geistliche-begleitung.ch und www.exerzitien.ch.

 

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