«pfarrblatt»-Redaktorin Sylvia Stam. Foto: Roberto Conciatori

Gott hockt im Weizen

Über eine kirchenrechtliche Anmassung

Hostien müssen zwingend Weizenmehl enthalten, damit sie zum "Leib Christi" gewandelt werden können. Diese kirchenrechtliche Vorschrift ist eine Anmassung, schreibt "pfarrblatt"-Redaktorin Sylvia Stam in ihrem Kommentar. 

von Sylvia Stam

Wussten Sie, dass Hostien zwingend Weizenmehl enthalten müssen? So schreibt es das Kirchenrecht vor: «Hostien, die überhaupt kein Gluten enthalten, sind für die Eucharistie ungültige Materie.» Ungültig bedeutet in diesem Fall, dass bei der Wandlung nichts passiert. Das Brot wird nicht zum Leib Christi.

Dass das Kirchenrecht gewisse Dinge vorgibt, wenn die Einheit der Kirche gewahrt werden soll, dafür habe ich durchaus Verständnis. Hier scheint es mir jedoch über das Ziel hinauszuschiessen. Ist es nicht anmassend vorzuschreiben, was genau in dem Brot enthalten sein muss, damit es zum Leib Christi wird? Könnte man diese Entscheidung nicht Christus selber überlassen?

Nun gibt es allerdings Menschen, darunter auch Katholik:innen, die unter Zöliakie leiden. Diese sollten kein Gluten, das in Weizen enthalten ist, zu sich nehmen. Ihr Leib könnte davon Schaden nehmen.

Wer glaubt, dass die Kirche sich dadurch von ihrer starren Regelung abbringen liess, irrt. Die zuständige Behörde in Rom fand ein Schlupfloch: Sie reduzierte den Anteil Gluten auf ein Minimum, das für die meisten Betroffenen keine Reaktionen auslöst. Und das offenbar dennoch die Echtheit der eucharistischen Materie nicht gefährdet. Das Resultat dieses Kompromisses sind spezielle Hostien für Zöliakie-Betroffene.

Schade, dass es zu diesem Kompromiss gekommen ist. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kirche die Deutungshoheit darüber, in welcher Materie Christus sich manifestiert, losgelassen hätte. Nicht nur wegen den Zöliakiebetroffenen, sondern vor allem zugunsten einer Wahrheit, die über das Kirchenrecht hinaus geht: Dass Gott selber entscheidet, wo und in welcher Form er oder sie präsent ist.  
 

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