Im Forum Geissberg in Langental informierten unlängst Diakon Francesco Marra und Pfarrerin Hanna Rucks über den Christlichen Meditationsweg – ein ökumenisches Angebot zur Fastenzeit vom Pastoralraum Oberaargau und der reformierten Kirchgemeinde Langenthal.
von Vera Rüttimann
Francesco Marra begrüsst seine Gäste mit den Worten: «Handy, Süssigkeiten und die Agenda weglegen, eine Kerze in die Mitte des Raums stellen und still werden.» Darum geht es beim Angebot «Christlicher Meditationsweg». Unter den Anwesenden, die zum Schnupperabend gekommen sind, ist auch Romy Herrmann. Die Mutter dreier Kinder aus Lotzwil arbeitet als Intensivpflegefachfrau. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in der Kinder- und Jugendarbeit im EGW (Evangelisches Gemeinschaftswerk) in Langenthal. Warum sie hier ist, erklärt sie so: «Unlängst ist eine enge Freundin gestorben. Ich brauche derzeit viel Stille. Als ich dieses Angebot gesehen habe, dachte: So was will ich mal ausprobieren, um das Hamsterrad zu stoppen.»
Inspiriert von Ignatius von Loyola
Die Idee zum christlichen Meditationsweg kam Pfarrerin Hanna Rucks bei einer Weiterbildung, die sie 2015 im Kloster Wülfinghausen gemacht hat. Geführt wird es von einer kleinen evangelischen Schwesterngemeinschaft, die von Ignatius von Loyola inspiriert ist. «Körperarbeit und Schweigen haben dort einen hohen Stellenwert», sagt sie. So sei sie in diese Exerzitien-Tradition gekommen, die ihre Spiritualität und auch ihr Gottesbild verändert habe. «Aus dem schöpfe ich bis heute», sagt die reformierte Pfarrerin. Deshalb habe sie diesen christlichen Meditationsweg konzipiert und Francesco Marra mit ins Boot geholt. «Sie hat mich sofort vom Inhalt und Stil des Meditationswegs überzeugt, der zu unseren Leuten sehr gut passt», sagt er.
Impulse von Dietrich Bonhoeffer
Inhaltlich unterlegt ist das Angebot mit dem Buch «Ganz Mensch sein in einer brüchigen Welt: Exerzitien im Alltag mit Dietrich Bonhoeffer». Hanna Rucks hat dazu für die Teilnehmenden Material zusammengestellt: Zunächst sind da die Impulstexte von Bonhoeffer, über die man meditieren kann. In der ersten Woche geht es um das Thema «Mit beiden Füssen auf der Erde stehen». Die zweite ist ausgerichtet am «Beten und das Gerechte tun». In der dritten Woche geht es um «Mensch für andere werden». Die vierte Woche widmet sich dem Thema «Mit Gott leiden an einer Welt ohne Gott».
Zusätzlich zu diesem Material gibt es verschiedene Einstiegsgebete, Vorschläge wie unterschiedlich man einen Bibeltext meditieren kann sowie mehrere vorgeschlagene Übungen zum Stillwerden. Jede:r ist in einem ersten Schritt eingeladen, zu Hause Raum und Zeit für eine halbe Stunde Stille zu schaffen. «Eine Kerze anzünden, eine Blume oder ein Bild hinstellen – jeder soll sich einen Raum gestalten, wo er zur Ruhe kommen kann», erklärt Hanna Rucks. Die Meditation könne auch gehend in einem Wald praktiziert werden.
Wöchentliche Treffen
Diakon Francesco Marra weiss: Meditation hat viel mit Körperarbeit zu tun. «Mystiker haben schon immer mit ihren Muskeln gearbeitet. Da gibt es eine reiche christliche Tradition.» In einem zweiten Schritt sollen sich die Teilnehmenden einmal in der Woche zu einem gemeinsamen Austausch treffen. An den beiden Treffpunkten, dem Forum Geissberg und der Krypta der katholischen Kirche in Langenthal, gibt es als Einstimmung Stille und Körperübungen.
Neu ausrichten
Dass der christliche Meditationsweg in der Fastenzeit angeboten wird, ist für Francesco Marra kein Zufall. Für ihn und seine Kollegin Hanna Rucks haben die Fastentage nicht nur gesundheitliche Aspekte, sondern sind «ein Moment der Neuausrichtung auf Gott». Um dafür Stille zu erreichen, müsse man Raum und Zeit schaffen, denn «wenn Gott wirklich eine Kerze in der Mitte ist, dann brauche ich keine Elektrizität», sagt Francesco Marra.
Infos zum Christlichen Meditationsweg
Francesco Marra: 062 961 17 37, Hanna Rucks: 079 135 85 67