Ein neuer Geist, der dazu aufrief, authentisch zu sein, die Wahrheit zu leben und Neues zu wagen. Glasfenster der Kirche Heiliggeist in Interlaken. / Foto: Pia Neuenschwander

Heiliger Geist - frischer Wind in Interlaken

Der Heilige Geist erneuert und inspiriert. Die Jahresserie #heiligbern

Im stark reformiert geprägten Interlaken sei es ratsam gewesen, keinen allzu katholischen Schutzpatron auszusuchen, sagt Diakon Thomas Frey. Und erzählt, mit was er den Heiligen Geist verbindet und was dieser in unserem Leben bewirken kann.

von Nicole Arz

Bevor Gott die Erde geschaffen hatte, so heisst es, habe über der wüsten, leeren Finsternis der Geist Gottes geschwebt, der Atem Gottes, der Wind Gottes.

Als 1908 die Heiliggeist-Kirche in Interlaken eingeweiht wurde, hatte man sich mit dem neugotischen Bau finanziell derart übernommen, dass weder eine Turmuhr noch ein Geläut noch ein Kircheninstrument realisiert werden konnte. Erst Jahrzehnte später ermöglichten Spenden drei Glocken und eine Orgel.

Nach einigen radikalen Innenumbauten ist vom damaligen Bau heute nicht mehr viel übrig. Was als Bezug zum Patrozinium stets geblieben war, ist das runde Taubenfenster über der Eingangstüre. Der Taube, die bereits im 6.  Jahrhundert als Sinnbild von Sanftmut und Unschuld zum Symbol des Heiligen Geistes geworden war, wurde diese Ehre übrigens aufgrund einer Falschannahme zuteil: Man glaubte, Tauben würden keine Galle besitzen und seien daher frei von allem Bitteren und Bösen. Und so steht die Taube auch für das Pfingstfest, an dem gemäss der Apostelgeschichte der Geist Gottes seinen grossen und inspirierenden Auftritt in einem heftig tobenden Sturm hatte.

Konfessionell neutrales Kirchenpatronat

Wenn man sich überlege, warum die katholische Kirche in Interlaken dem Heiligen Geist geweiht sei, dann müsse man sich die Situation in der Zeit des Kirchenbaus vor Augen halten, meint der dortige Diakon Thomas Frey, und spielt dabei auf das stark reformiert geprägte Umfeld an. Dieses hätte ein konfessionell neutrales Kirchenpatronat erfordert – nicht ein traditionelles oder katholisch-konservatives. Er selbst verbinde mit dem Heiligen Geist Forschergeist, Feingeist oder Geistesgegenwart. All das seien Möglichkeiten, die in uns schlummerten und die wir wecken könnten, wenn wir uns denn vom Heiligen Geist führen liessen.

«Eigenschaften des Heiligen Geistes sind die Gaben der Weisheit, der Einsicht, des Rates, der Erkenntnis, der Stärke, der Frömmigkeit und der Gottesfurcht. Wenn wir den Heiligen Geist in uns zur Entfaltung kommen lassen, dann stehen uns diese Gaben offen», sagt Thomas Frey.  Dass dies in unserem Leben viel bewirken könne, liege auf der Hand. Und dass es dazu Mut brauche, auch.

Ein neuer Wind weht

Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil war der neugotische Baustil nicht mehr erwünscht. Er schien falsch, idealisiert und unzeitgemäss. Ein anderer Geist wehte. Einer, der dazu aufrief, authentisch zu sein, die Wahrheit zu leben und Neues zu wagen. Oder wie Thomas Frey die Botschaft des Heiligen Geistes auf den Punkt bringt: «Versuch es. Mach es. Tu es einfach. Leinen los. Jetzt oder nie.»


Die Jahresserie #heiligbern im Überblick

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