Ein Foto zeigt Hildegard Wabers Schwester in blauer Bluse mit schwarzer Krawatte und undklem Jupe – der Blauring-Uniform. Foto: Pia Neuenschwander

«Jeder Höck begann mit einem Gebet»

Blauringmädchen in den 40er-Jahren

Hildegard Waber war in den 1940er-Jahren Blauringmädchen. Der Glaube war damals ebenso selbstverständlich wie die Uniform.

von Sylvia Stam

«Ich wusste: Am Samstagnachmittag bin ich geborgen», sagt Hildegard Waber (84), «da hatte ich frei und konnte chli gruie.» Denn samstags war der  Gruppennachmittag im Blauring. Die kleine Hildegard musste nicht wie sonst «go heftele», also Zeitschriften in die Briefkästen werfen, um einen Verdienst  heimzubringen. Ihr Vater war früh gestorben. Die Mutter arbeitete, um die sieben Kinder durchzubringen.

Die Gruppennachmittage fanden in den  Vierzigerjahren in den Räumen der Berner Dreif statt. Zu Fuss war das eine halbe Stunde, «das Tram lag nicht drin». Die rund acht Mädchen ihrer Schar  trugen alle eine Uniform: «Ein blaues Blusli und eine schwarze Krawatte mit dem Blauring-Zeichen drauf. Das war ein blauer Ring mit dem Buchstaben ‹M›  darin. Auch auf dem Gurt war dieses M für die Gottesmutter Maria. Dazu ein dunkler Jupe.»

Kirchliche Feste und Heilige

Die Gruppennachmittage hätten  immer mit einem Gebet begonnen. «Unsere Führerin hat eigene Gebete formuliert, hat zum Beispiel für eine gute Prüfung gedankt. Das hat mich  beeindruckt!» Thema der Nachmittage waren religiöse Geschichten, die Lebensgeschichten von Heiligen oder kirchliche Feste. Besonders in Erinnerung  geblieben ist Hildegard Waber der Besuch einer Klosterfrau, die aus ihrem Leben erzählt hat. Dies auch deshalb, «weil meine ältere Schwester ins Kloster  gegangen war.»

Natürlich hätten sie auch gebastelt, sagt sie lachend. Im Advent oder auf Ostern hin, manche Mädchen hätten auch «glismet». «Wir haben  zusammen z’Vieri gegessen. Das war nicht wie heute ein Sack Chips, sondern ein Stück Brot und ein Apfel, die wir von zu Hause mitgebracht hatten.»

«Treu  – im Ring»

«Manchmal gingen wir in den nahen Wald. Auch dort gehörte das Gebet dazu.» Die Natur zu erforschen war weniger Thema, sie hätten Blätter gesammelt oder Verstecken gespielt. Im Gespräch fällt immer wieder auf, dass die Jugendgruppen mit wenig Material auskamen: «Wir spielten bei der Mauer vor dem kleinen Schänzeli Völkerball oder machten Ratespiele.»

In lebhafter Erinnerung ist ihr ein Scharausflug zur Ruine Grasburg. «Wir hatten  einen Kochkessel dabei.» Damals gab es Suppenriegel in verschiedenen Sorten, von denen man einzelne Würfel abbrechen konnte. «Jedes Kind hat so einen  Würfel mitgebracht. Die kamen alle zusammen in den Topf, dazu ein paar Tannennadeln», erinnert sie sich lachend. Geschmeckt habe es wunderbar.

Zum  Ende der Gruppenstunden mussten sie jeweils «abtreten»: «Die Führerin sagte: ‹Treu›, und wir antworteten: ‹Im Ring›, ehe wir nach Hause gingen.» Als  1959 die Kirche in Wabern eingeweiht wurde, hat Hildegard Waber hier selbst eine Blauringgruppe aufgebaut. Und als sie verheiratet war, hat sie während  zehn Jahren als Lagerköchin gewirkt. Manche Geschenke, die sie zum Lagerabschluss bekommen hat, braucht sie heute noch, etwa eine handgeschnitzte Holzkelle. «Das war eine ganz schöne Zeit», sagt sie und strahlt.

Infos über die heutige Jubla (Jungwacht Blauring): jubla.ch

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