Farbige Glasfenster mit Szenen aus dem Johannesevangelium in der Kirche Münsingen. Foto: Pia Neuenschwander

Johannes der Evangelist – Eins sein in Münsingen

Johannes eint und lässt teilhaben. Letzte Folge der Jahresserie #heiligbern

Die als Provisorium erbaute Notkirche in Münsingen steht mittlerweile unter Denkmalschutz. Der Schutzpatron, Johannes der Evangelist, wird gebührend gefeiert. Aus seinem Evangelium stammt auch der ökumenische Leitspruch.

von Nicole Arz

Das Johannesevangelium sei eine «wahre Schatztruhe» an Botschaften, sagt Felix Klingenbeck, Pfarreileiter in Münsingen. Es preise Verbundenheit und Kommunikation, das Zusammensein, das gemeinsame Essen und Trinken. Das Ziel sei die Freude der Menschen und dass es verschiedene Weisen gebe, im Sinne und Geiste von Jesus zu wirken. Eine Freiheit, die für das Pfarreileben handlungsweisend sei.

Fastenopfer-Kirche

Den ersten katholischen Gottesdienst in Münsingen feierte man 1949 im Sekundarschulhaus. Nachkriegszeitlicher Bauboom und damit verbundene Bevölkerungszunahme führten zur Entscheidung, eine sogenannte Fastenopfer-Kirche zu bauen.

Das Schweizer Hilfswerk Fastenopfer hatte eine Notkirche entwerfen lassen, für deren Kauf oder Miete man sich aus der ganzen Schweiz bewerben konnte. Diese leicht auf- und abbaubaren Kirchen waren mit ihren vorgefertigten Elementen als Provisorium gedacht. Trotz durchdachter Konstruktion, das Zeltdach machte beispielsweise Seitenwände überflüssig, brauchten die Kirchen da und dort bauliche Nachbesserungen. So musste etwa der Dachreiter, der Platz für eine einzige Glocke bot, verstärkt werden, weil er der schwingenden Glocke nicht standhielt.

Auf der Münsinger Glocke ist jener Vers aus dem Johannesevangelium eingeprägt, den die ökumenische Bewegung als Motto gewählt hat: «Dass alle eins seien.» Eine Zukunft von christlichen Kirchen gebe es nur im ökumenischen Miteinander, ist Felix Klingenbeck überzeugt. Daher sei die Pfarrei stolz auf ihren Kirchenpatron.

Patronatsfeier Ende Januar

Weniger praktisch sei allerdings das Datum der Patronatsfeier am ersten Werktag nach den beiden Weihnachtstagen. Es werde in einem schlichten Gottesdienst gefeiert und mitgebrachter Wein, Traubensaft oder Sekt gesegnet, mit dem die Pfarreiangehörigen dann aufs neue Jahr anstossen würden.

Gebührend feiern die Münsinger:innen ihre Kirchweihe am 25. Januar, dem eigentlichen Weihedatum. An jenem Tag, an dem auch die Gebetswoche für die Einheit der Christ:innen endet, an dem Johannes XXIII. 1959 das Zweite Vatikanische Konzil angekündigt hat und an dem die Umkehr des Paulus gefeiert wird. «Alle drei Ereignisse sind handlungsleitend: die Ökumene, die Ausrichtung des Konzils und das Wissen, dass Kurskorrekturen und Neuausrichtungen elementar zum Leben gehören», sagt Felix Klingenbeck.

Denkmalgeschützte Photovoltaikanlage

Auch die Münsinger Fastenopfer-Kirche ist nach diversen Sanierungen längst kein Provisorium mehr: 2022 wurde die Photovoltaikanlage auf dem Kirchendach mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet und ein Jahr später die Kirche von der Denkmalpflege gar ins Inventar der schützenswerten Gebäude aufgenommen.

Wahre Beziehung, so heisst es im Johannesevangelium, weise kein Gefälle auf, vielmehr sei sie Freundschaft, in der die Beteiligten einander an ihrem Leben teilhaben liessen. Für Felix Klingenbeck ist es die eindeutige Botschaft, «dass Beteiligung, Mitbestimmung, geteilte und kontrollierte Macht für die Kirchenstruktur unabdinglich sind. Auf Pfarreiebene genauso wie weiter oben.»


Die Jahresserie #heiligbern im Überblick

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