Es kommt auf das Handeln des einzelnen Menschen an. Gerhard Schwarz (links) und Wolfgang Bürgstein (rechts) im Berner Münster. In der Mitte Moderator Pfr. Bruno Bader. Foto: kr

Kirchen und Wirtschaft

Kommt ein reicher Mensch in den Himmel?

Unlängst wurde im Berner Münster zum Thema «Gott und Geld» disputiert und diskutiert. Die Anlage der Veranstaltung, organisiert vom wirtschaftsnahen Thinktank Liberethica um die Theologin Béatrice Acklin Zimmermann, versprach eine spannende Auseinandersetzung.

Meinungsbeitrag von Andreas Krummenacher

Es diskutierten etwa Dr. Gerhard Schwarz, ehem. Leiter der NZZ-Wirtschaftsredaktion, Dr. Peter Wuffli, ehemaliger CEO der UBS, heute Präsident der Elea Foundation, sowie SVP-Grossrat und Rechtsanwalt Patrick Freudiger.
Auf der «kirchlichen» Seite befanden sich der Berner «Heiliggeist»-Pfarrer Andreas Nufer, Christian Walti von der Friedenskirche und Wolfgang Bürgstein, Generalsekretär der bischöflichen Kommission Justitia et Pax.


Die Disputation war so aufgebaut, dass es Vorträge gab und je persönliche Standpunkte. Auf diese mussten die Teilnehmer reagieren, indem sie zunächst erzählten, was sie vom Gegenüber gerade gehört hatten.

– Was also habe ich gehört an diesem Abend, was schwang zwischen den Zeilen mit?

Es war viel vom Kapitalismus die Rede, von der Verbesserung der Welt, davon, dass es den Menschen insgesamt noch nie so gut ging wie heute. Ich habe von gesellschaftlichen Verwerfungen gehört, von unanständig hohem Reichtum, von Gier und Ausbeutung, von Sklaverei und menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen.

Ich habe von den wirtschaftsnahen Vertretern ein echtes Bemühen gehört, die Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Von einer Wut, von Angst auch, im religiösen Diskurs ausgeschlossen zu werden. Mehrfach betonte etwa Gerhard Schwarz, er sei katholisch. Man wähnte die Theolog:innen, die Pfarrpersonen als extrem links, nicht mehr für bürgerliche Anliegen ansprechbar. Was immer das sein mag.

Auf der «religiösen» Seite hörte ich auch Wut. Verständnislosigkeit, dass man die Misere nicht einsehen will. Und ja, die Argumente der Bibel, die nun einmal auf der Seite der Armen seien.


Es gibt keinen Zweifel, Jesus hat sich den Armen zugewandt: «Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes», – so hören wir ihn im Lukasevangelium sagen. Was aber, wenn man nicht zu den Armen gehört? Die Zauberworte lauten, Teilen und solidarisch Leben. Vieles wird schon getan, von Einzelnen und Gruppen ebenso wie von Kirchgemeinden.

Peter Wufflis Elea-Stiftung macht möglicherweise ebenfalls genau das, ein breites Engagement in der modernen Entwicklungsarbeit mit dem Ziel, vielen Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen.

Ich habe an diesem Abend eine Beschwörung der Gegensätze gehört. Das verursachte bei mir ein Unbehagen. Wer bezeichne sich heute noch als Kapitalist, fragte Wolfgang Bürgstein. Der Ökonom und Theologe wartete mit interessanten Ansätzen auf. Etwa mit der christlichen Soziallehre. Das Personalprinzip etwa besage, dass jeder Mensch einmalig sei, eine individuelle Würde besitze. Als soziales Wesen dürfe der Mensch aber bei seiner Selbstentfaltung niemand anderen beeinträchtigen.

Das Gemeinwohl ist damit ein zentraler Wert. Ich bin als Mensch für das Wohl meiner Mitmenschen verantwortlich und für das Wohl der Gesamtheit der Gesellschaft. Diese wiederum trägt Verantwortung für die einzelnen Mitglieder. Bekannt ist das unter dem Begriff der Solidarität.

Gehört habe ich schliesslich einen guten Ratschlag von Gerhard Schwarz. Dieser betonte, durchaus mit einem Schmunzeln, er sei nicht gegen marktwirtschaftliche Regeln. Er sei aber ein Fan der alten Katechismen, wo bloss die grossen, allgemeinen Regeln festgehalten wurden – nicht jenes Katechismus von heute, wo jede Kniebeuge geregelt sei.


Das ist möglicherweise auch ein guter Tipp für die Kirche. Mir scheint das Problem nicht der Ausschluss der Wirtschaft zu sein oder die gegenseitige Entfremdung. Die Milieus sind vielmehr getrennt. Es gibt viele offene Fragen seitens der Wirtschaft und der Theologie. Antworten bleiben aus. Der gegenseitige Austausch, die Diskussion tut not. Insofern war die Veranstaltung wichtig. Das nächste Mal könnte man über Gemeinsamkeiten sprechen und vertieft über die katholische Soziallehre.


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