Lebenslanges Engament für kirchliche Themen: Karl Johannes Rechsteiner. Foto: Pia Neuenschwander

Kirchenkommunikation ist Knochenarbeit

Karl Johannes Rechsteiner geht in Pension

Kirche und Kommunikation waren ein Leben lang seine Themen. Nun geht Karl Johannes Rechsteiner in Pension. Wie soll das gehen?

von Rita Jost

Jaja, die Sache mit dem Unruhezustand. Das sagt sich so gern, wenn jemand pensioniert wird, der noch immer für seinen Beruf brennt. Ruhiger Ruhestand? Bei Karl Rechsteiner wird’s damit wohl definitiv nichts!

Der Mann ist wenige Tage vor seinem letzten Arbeitstag auf der Kommunikationsstelle der Katholischen Kirche Bern immer noch voll im Schuss. Ein Gesprächs- und Fototermin ist kaum zu finden. Videoaufnahmen in der Bruder-Klaus-Kirche, dabei sein beim Stolpersteine-Setzen in der Altstadt, dazwischen private Termine mit dem Sohn, die Wohnung des kürzlich verstorbenen Vaters muss geräumt werden … Und dann war da noch die Feier für den «Übergang ins Pensionsalter». Jahrelang hat er diesen Anlass medial begleitet – nun war er selber Teilnehmer. «Witzig» sei‘s gewesen; die Interviewerin hört heraus «auch etwas befremdlich».

Wir sind schon mitten im Gespräch, das nun eben am frühen Morgen stattfinden muss. Kein Problem. Rechsteiner ist zu jeder Tageszeit gesprächig. Sieben Jahre war er Leiter der Kommunikationsstelle der Katholischen Kirche Region Bern. Umtriebig, kreativ, oft auch anstrengend und herausfordernd für seine Mitmenschen.

Beziehungen pflegen und Vertrauen schaffen

«Es war», stellt er lachend fest, «tatsächlich meine längste Festanstellung, vorher war ich ja fast immer selbstständig tätig.» Sein PR-Büro habe aber oft kirchliche Medienarbeit geleistet «für Reformierte und Katholik:innen selbstverständlich». «Aber ich machte selten klassische Werbung für die Kirche», beeilt er sich zu sagen. Er bevorzuge den Begriff Public Relations, das bedeute Beziehungen pflegen, Vertrauen schaffen, informieren, «oft auch journalistisch arbeiten».

Rechsteiner bezeichnet sich deshalb gern spasseshalber als «Schreiberling» – und erzählt, dass ihn mal einer abschätzig so genannt habe. Weil Rechsteiner die Bezeichnung ganz passend fand, führte er sie eine Zeit lang sogar auf seiner Visitenkarte.

Schreiben ist natürlich nicht das Einzige, was dieser Mann leidenschaftlich tut, das wissen alle, die ihn kennen. Er ist auch Musiker, Confiseur (mit eigener Schoggiproduktion), Stadtführer (mit Schwerpunkt Kolonialgeschichte) und immer wieder «Themensetzer». Wenn ihn ein Thema packt, dann lässt er nicht mehr los. Das war schon in jungen Jahren so. In der Jungwacht war der Stadtberner Giel aktiv bei der Abschaffung der Uniform, der Lancierung der Spielbusse und dem Aufbau einer Kindernachrichtenagentur. Später kamen Engagements für ökologische und soziale Projekte dazu, etwa für die Wege Weierbühl, den «Drahtesel» oder international für die Entwicklungsgenossenschaft «Oikocredit».


Kirche im Sinne der Befreiungstheologie

Zwei Bücher hat er geschrieben zum südlichen Afrika, wohin es ihn immer wieder zieht. Als prägendes Engagement bezeichnet er aber heute noch den Kampf für das offene Haus «La Prairie». Er, der aufmüpfiger Kritiker des kirchlichen Establishments, wollte Kirche leben – wie die Befreiungstheologen. Das Grossprojekt zur Überbauung des Dreifaltigkeitsareals mitten in der Stadt passte da gar nicht. Mit einem historisch harten Abstimmungskampf gelang es einer Gruppe von Gleichgesinnten 1981 das Projekt zu bodigen.

Heute steht anstelle eines kirchlichen Repräsentierbaus immer noch die beschauliche Campagne samt einzigartigem Garten und passenden Nebenräumen für unterschiedlichste Anlässe. Das Haus ist offen für alle und bringt dem Image der katholischen Kirche mehr als teure Werbekampagnen.

Natürlich erntet einer, der so vieles mit Passion verfolgt (und sich dabei manchmal verzettelt), auch Kritik. Streitereien hätten ihm wenig zugesetzt, sagt er. Was ihn in den letzten Jahren aber geärgert habe, sei das «Kirchenbashing» in den Medien. «Missbrauchsfälle werden ausgeschlachtet, aber über wertvolle Sozial- und Präventionsprojekte der Kirchen, gelebte Ökumene, Engagement für Armutsbetroffene und Rechtlose liest man kaum je eine Zeile.»

Dass Kirchenkommunikation Knochenarbeit ist, das musste der Profi oft schmerzlich erfahren. Er ist dabeigeblieben. Bei der Kirche und bei der Kommunikation. Und das endet kaum mit der Pensionierung.

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