Transparent für den Aktionstag «Challenge for Future». Bild: www.challengeforfuture.ch

Klima-Alarm – zurück zur Normalität ist keine Option

Mit dem Ende des Lockdown wird das Klima wieder zum Thema

Die Klimabewegung lebt davon, ihre Anliegen auf die Strasse zu tragen. In den Zeiten von Corona, von Versammlungsverbot und Social Distancing wird dies zur Unmöglichkeit. Dass jedoch das Klima nicht vergessen werden darf, zeigen Höchsttemperaturen im Frühling oder der Milliarden-Kredit an die Swiss ohne Bedingungen zu Klimaschutz. Doch wie schafft es eine Bewegung, die ihre Stärke durch die Masse gewinnt, in diesen Zeiten präsent zu bleiben?

Von Miriam Helfenstein,
Fachstelle Kirche im Dialog

Am 15. Mai hätte der grosse Strike for Future stattfinden sollen. Monatelang haben sich junge Menschen aus der Klimabewegung auf diesen Tag vorbereitet: Sie haben die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Landwirt*Innen oder Frauen*streikkollektiven gesucht, lokale Klimagruppen lanciert und nachhaltige Strukturen aufzubauen versucht.

Doch Corona verunmöglichte die Durchführung dieses Tages in der geplanten Form. Der Strike for Future wurde verschoben, stattdessen fand am vergangenen Freitag ein Aktionstag unter dem Namen Challenge for Future statt. Anstatt sich zu versammeln, haben die Menschen von zu Hause aus teilgenommen: ein Transparent gemalt, einen Quadratmeter Wildblumen gepflanzt, einen Brief an eine Politiker*in geschrieben. Ein Webradio begleitete mit Poetry Slam, Vorträgen und Diskussionen durch den Tag.

Der Höhepunkt war der Klima-Alarm: Um 11.59 wurde mit Töpfen, Pfannendeckeln, Musikinstrumenten oder Kirchenglocken Lärm gemacht. Auch in Bern wurde es laut, als sich am Mittag – unter Einhaltung der Schutzmassnahmen – am Zytglogge mehrere Klimaaktivist*innen zusammenfanden. In weissen Anzügen und Jahresschilder haltend machten sie auf das Schmelzen der Gletscher aufmerksam. Livio Rubin, Klimaaktivist aus Bern, war dabei: «Mit dem Klima-Alarm wollten wir darauf aufmerksam machen, dass der Klimawandel nicht wartet.» Dass der 15. Mai nie die Grösse und Wirkung des ursprünglich geplanten Strike for Future erreichen konnte, ist klar. «Wir müssen alternative Formen zum Streik finden. Auch für uns als Klimabewegung ist Corona eine Herausforderung», so Livio.

Die Klimakrise ist auch eine Krise

Eine Herausforderung oder vielleicht doch eine Chance, die zu neuen Erkenntnissen führt? Die Corona-Krise hat gezeigt, dass schnelles Handeln möglich ist, wenn die Dringlichkeit erkannt wird. Was vor ein paar Monaten noch als undenkbar galt, konnte innerhalb weniger Tage umgesetzt werden. Wenn der Wille da ist, können wir mit entsprechenden Massnahmen auf eine Krise reagieren.

Genau dies müsse auch beim Klima passieren, fordert Livio: «Der Klimawandel muss endlich als das erkannt werden, was er ist: eine Krise.» Und auch die Wissenschaft bekommt in Corona-Zeiten eine neue, bedeutende Rolle. Es sind Virolog*innen, die Prognosen und Einschätzungen vorlegen, aufgrund deren dann Entscheidungen getroffen werden. So sollten auch beim Klima die Stimmen der Wissenschaftler*innen grösseren Einfluss auf die Politik haben.

Zurück zur Normalität ist keine Option

Jede Krise soll auch ein Ende haben und so hört man in letzter Zeit öfters den Satz: «Wenn alles wieder normal ist.» Er lässt uns Normalität in die Zukunft malen und uns träumen vom Zusammensitzen in Kaffees, vom Tanzen an Konzerten und Händen ohne Desinfektionsmittel. Livio kann mit diesem Satz nicht viel anfangen: «Zurück zur Normalität bedeutet zurück zum Schmelzen der Gletscher, zurück zur Zerstörung der Natur und unserer Zukunft. Zurück zu dieser Normalität ist für uns keine Option.»

Stattdessen brauche es einen Weg aus der Krise, bei dem das Klima nicht vergessen werde. Und auch hier können wir eine Erfahrung aus den letzten Wochen mitnehmen: Solidarität. Wenn es um eine klimagerechte Zukunft geht, braucht es eine weltweite Solidarität, nicht eine, die an den Landesgrenzen aufhört. Denn es sind die ärmsten Menschen, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind – lokal und global.

Es braucht eine Solidarität nicht nur mit der jetzigen Generation, sondern auch mit der Zukünftigen. Denn: «Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut.»

 


Weckruf der Kirchen im Berner Nordquartier

Zeit, aufzuwachen!
Sinai /
Heute ist Pfingsten, ein Fest mit Wurzeln im jüdischen Schawuotfest zur Erinnerung an die Übergabe der Torah, die Grundlage der hebräischen Bibel. Damals am Berg Sinai, befreit aus der ägyptischen Sklaverei, waren die Israelit*innen an einem Übergang. Sie fragten sich: Wie bewahren wir die gewonnene Freiheit? Sie nahmen schliesslich die Weisungen Gottes an und wagten den Aufbruch: «Wir tuns. Wir hörens.» (Ex 24,7)

Jerusalem / Mit dem Tod Jesu verloren die Jünger*innen ihre Hoffnung. Für viele von ihnen war der Aufbruch, der mit Jesus begonnen hat, zu Ende. 50 Tage später wurden sie am Schawuotfest vom Heiligen Geist bestärkt, an Jesu Traum einer gerechten Gesellschaft festzuhalten. Mit erneuerter Hoffnung machten sie sich auf den Weg und lebten in solidarischer Gemeinschaft: «Kein Armer war unter ihnen.» (Apg 4,34)

Bern / Ein Virus zwingt uns, unsere Aktivitäten zu unterbrechen. Auch wir stehen an einem Übergang. Machen wir weiter wie gehabt oder wagen wir einen Neuanfang? Wagen wir Christ*innen, erfüllt vom Pfingstgeist, mutige Schritte in Richtung einer klimagerechten Gesellschaft? 

Kirche für Klima: «Es brennt!» Sonntag, 31. Mai 2020, 11:55 - 12:30, Pfingstaktion am Turm der Marienkirche mit Jürg Liechti-Möri, Manfred Ruch und klimabewegten jungen Menschen. Eine ökumenische Aktion der drei Kirchgemeinden im Nordquartier.

 

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