Im Raum Bern warben viele Kirchtürme mit Bannern für ein Ja zur Konzernverantwortungs-Initiative. Hier: Kirche Guthirt in Ostermundigen. Foto: Kathatina Boerlin

Lausanne lässt Kirchen politisieren

Beschwerden der Jungfreisinnigen sind gegenstandlos

Jungfreisinnige aus vier Kantonen, darunter Bern, hatten sich über das kirchliche Engagement für die Konzernverantwortungsinitiative beschwert. Das Bundesgericht hat die Beschwerde nun als gegenstandslos abgeschrieben.

Von Sylvia Stam

In der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative vom 29. November 2020 hatten sich über 700 Kirchgemeinden, Pfarreien und kirchliche Hilfswerke für ein Ja zur Vorlage eingesetzt. Dieses wurde unter anderem durch Fahnen an Kirchtürmen oder in Predigten zum Ausdruck gebracht.

Gegen dieses kirchliche Engagement hatten die Jungfreisinnigen der Kantone Bern, Aargau, Thurgau und St. Gallen noch vor der Abstimmung Stimmrechtsbeschwerden eingereicht. Die Begründung lautete, die Kirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften hätten sich strikt an die grundrechtlich geschützte Abstimmungsfreiheit zu halten, sie seien damit zur politischen Neutralität verpflichtet.

Für das Bundesgericht sind diese Beschwerden gegenstandslos geworden, wie dem Urteil vom 8. April zu entnehmen ist, denn die Vorlage sei inzwischen abgelehnt worden. Das Bundesgericht hält zwar fest, dass «ein gewisses Interesse an der Klärung der Zulässigkeit von Interventionen von Landeskirchen und Kirchgemeinden im Vorfeld von Volksabstimmungen besteht». Dies könne aber erst dann geprüft werden, wenn sich die kirchlichen Interventionen tatsächlich auf den Ausgang der Abstimmung ausgewirkt hätten. Bei der Konzernverantwortungsinitiative war dies nicht der Fall.

Jungfreisinnige drohen mit weiteren rechtlichen Schritten

Die Jungfreisinnigen bedauern, dass das Bundesgericht in der Frage nach dem politischen Engagement der Kirchen keinen Leitentscheid gefällt hat, wie ihrer Mitteilung vom 8. April zu entnehmen ist. Wenn die Landeskirchen aus dem Abstimmungskampf über die KVI keine Lehren ziehen wollten, «werden wir erneut rechtliche Schritte erwägen». In jedem Fall wollten sie auf kantonaler Ebene aktiv werden, «um den politischen Spielraum der Kirchen rechtlich eng zu halten».

Das Komitee «Kirche für Konzernverantwortung» begrüsst den Entscheid des Bundesgerichts. In einer lebendigen Demokratie sei es selbstverständlich, dass die Kirche sich auch zu politischen Fragen äussere und an öffentlichen Debatten teilnehme. «Der Versuch, den Kirchen einen Maulkorb zu erteilen, zeugt nicht von einem grossen Vertrauen in Demokratie und Stimmbürger*innen», teilt das Komitee am 8. April mit.

 

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