Gründonnerstag unter dem Stern von Bethlehem. (L 15cm, T 7cm, H 9cm). Unbekannter Künstler. Foto: Sandro Fischli

Leonardo Da Vinci auf der Strasse

Gründonnerstag unter dem Stern von Bethlehem

Dem Blick entzogen auf einem Büchergestell hoch oben, kam mir vor kurzem wieder einmal diese ungebrannte, bemalte Tonskulptur unter die Augen. Und sie soll hier gewürdigt werden.

Von Sandro Fischli

Vor gefühlten zwei Jahrzehnten sah ich auf dem Trottoir der Spitalgasse in Bern von weitem schon einen Tisch stehen, auf einem Stuhl dahinter einen Mann, der an etwas herumwerkelte. Ein ungewohntes Bild, das meine Neugier weckte. Als ich auf seiner Höhe war, sah ich den Tisch voller kleiner Lehmfigürchen, mit einer Figur war er gerade beschäftigt. Vor sich hatte er ein kleines Schild aufgestellt, mit der Schrift «Ich bettle nicht, ich arbeite». So war das ja auch.

Einige Miniskulpturen waren bemalt, andere nicht, die ganze Sammlung erinnerte mich an das Frühwerk eines Schweizer Künstlerduos mit dem Titel «Plötzlich diese Übersicht». So war das ja auch hier. Ich hätte manches, vieles von diesem Tisch erwerben können, mein Blick blieb auf dieser Gruppe mit ihren Köpfchen und dem Brot und Geschirr hängen. Es war Adventszeit und der Künstler entschied sich unter vielem anderen für ein christliches Motiv. Mich entzückte dieser lange Abendmahlstisch unter freiem Himmel, ein Gründonnerstag unter dem Stern von Bethlehem, den ich spontan erwarb.

Seltsamerweise sah ich diesen Mann an seinem Tisch danach nie mehr wieder. Als ob er mit seinen kleinen Arbeiten wie in einem Märchen von irgendwoher materialisiert und dann wieder verschwunden wäre.

 

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