Matthias Hügli ist auch für Menschen da, die einen losen Bezug zur Kirche haben. Foto: Pia Neuenschwander

Leute, mit denen man sprechen kann

Beistand in Krisenzeiten

Mitten im Leben – am Ende des Lebens: Das verbindet der Theologe und Therapeut Matthias Hügli. Er berät Paare in Beziehungskrisen und steht Menschen bei, wenn sich ihr Leben dem Ende zuneigt.

von Marcel Friedli

Antonio hat immer gemacht. Sein Leben lang. Er war ein Macher, ein Schaffer, ein Werker. Mit den Händen. Ein Handwerker.
Jetzt kann er nicht mehr machen. Er ist unheilbar krank, sterbenskrank. Der Krebs wirft ihn auf sich selbst zurück. Was macht er, wenn er nicht(s) mehr machen kann? Viel denken. Grübeln, sich hintersinnen. Gedankenkarussell ohne Absprung. Und das macht Antonio immer trauriger.

Matthias Hügli, Seelsorger beim mobilen Onkologie- und Palliativdienst (MPD) der Spitex Bern (siehe Kasten), besucht ihn zu Hause. Dort redet sich Antonio von der Seele, wie nutz- und machtlos er sich fühlt.
Matthias Hügli fragt nach den Kraft- und Energiequellen. Antonio erzählt: von seinem Schrebergarten. Wo er gewerkelt, gebastelt, gegärtnert, gesät und geerntet hat.

Das Gesicht von Antonio glättet sich, seine Stimme wird heller und fester. Matthias Hügli fragt, ob sich Antonio vorstellen könne, sich in dunklen Stunden in seinen Schrebergarten zu träumen? Und vielleicht ein Foto in der Nähe zu platzieren, das ihn an seinen magischen Ort erinnert?

Wenn es passt

«Manche wünschen, dass ich einen Segen spreche», sagt MPD-Seelsorger Matthias Hügli. «Sie sagen es von sich aus, oder ich frage sie danach, wenn es passt.» Besuche gehören zu Matthias Hüglis Aufgaben. Ein Teil seiner Tätigkeit als Seelsorger erfolgt per Telefon oder Videocall. «Nähe kann auch auf diesem Weg entstehen. Manche möchten daheim Besuch erhalten, aber nicht alle.»

Es bleibt meist bei einem Gespräch. Das kirchliche Angebot soll nicht konkurrenziert, sondern Werbung dafür gemacht werden. Darum weist Matthias Hügli auf die kirchlichen Instanzen hin, wo das Begleiten weitergehen kann. «Wir wollen eine Lücke füllen und auch für Menschen da sein, die einen losen Bezug zu einer Kirche oder Gemeinschaft haben. Und darauf hinweisen, dass es Leute gibt, mit denen man sprechen kann. Ohne Druck, in aller Offenheit. Wir erfragen die Bedürfnisse und respektieren sie.»

Nebst den direkten Kontakten mit Menschen ist der Kontakt mit Pflegenden von Berner Spitälern ein zentrales Wirkungsfeld des Seelsorgers. «Wir treffen uns regelmässig und tauschen uns aus», sagt Matthias Hügli. «So kann ich auf Fragen, Anliegen von Pflegenden eingehen, aufschnappen, was in der Luft liegt und erfahren, wo ein Gespräch angemessen sein könnte.»
Matthias Hüglis MPD-Seelsorge ist ein auf drei Jahre befristetes Projekt. «Wir wollen herausfinden, wo die Bedürfnisse liegen», sagt Matthias Hügli. «So sammeln wir Erfahrungen und justieren das Angebot. Dass offen ist, wohin es genau geht – das das mag ich.»

Wenn es kriselt

Die Seelsorge ist die eine Hälfte seiner Tätigkeit – in der übrigen Zeit ist Matthias Hügli als klassischer Therapeut im Einsatz: Er berät Menschen in Ehe-, Beziehungs- und Familienfragen bei einer kirchlichen Beratungsstelle in Burgdorf. «Ich schätze es sehr, dass sich auch Menschen, die nicht viel verdienen, Hilfe in diesen Fragen leisten können.»

 

Matthias Hügli, 59, war unter anderem Seelsorger im Inselspital und Pfarrer im Aargau. Nun arbeitet er bei der von Kirche und Kanton unterstützten Berner Eheberatung in Burgdorf als Therapeut und deckt beim mobilen Onkologie- und Palliativdienst (MPD) der Spitex Bern den seelsorgerischen und spirituellen Bereich ab. Angestellt ist er via Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen Region Bern AkiB. Beim Gleitschirmfliegen tankt Matthias Hügli Kraft für seine beiden Tätigkeiten. Im Graubünden aufgewachsen, wohnt er nun in Münchenbuchsee. Er ist verheiratet, Vater von drei Söhnen und vierfacher Grossvater.
Weitere Infos:
www.akib.ch, info@akib.ch, 031 370 71 71
www.spitex-bern.ch, mpd@spitex-bern.ch, 031 388 50 23 www.berner-eheberatung.ch

 

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