Der Osterweg führt immer wieder in Innenräume. Er kann darum auch gut bei schlechtem Wetter begangen werden. Foto: Pia Neuenschwander

Mit Bretzeln der Passion Jesu gedenken

Gemeinsam auf dem «Osterweg» in Huttwil

In Huttwil kann man derzeit Bretzeln backen, einen Handwebstuhl bedienen oder in ein riesiges Metallei steigen. Was dies mit der Passionsgeschichte und Ostern zu tun hat, erfuhr unsere Redaktorin beim Begehen des «Osterwegs».

von Sylvia Stam / Fotos: Pia Neuenschwander

Heftige Regenschauer fegen durch Huttwil. Nichtsdestotrotz hat sich ein unerschrockenes Grüpplein von vier Frauen am Brunnenplatz eingefunden, um den Osterweg gemeinsam mit Pastoralraumleiter Francesco Marra zu begehen. Der ökumenische Osterweg von Huttwil (siehe Kasten) möchte «dorthin gehen, wo die Menschen sind», erklärt Marra zu Beginn.

Die Gruppe macht sich gleich auf den Weg zum ersten Posten: In einem Kellerraum des Tourismusvereins ist eine kleine Backstube eingerichtet, aus der es verführerisch nach Brot duftet. «Was wäre, wenn du gefesselt und verhaftet würdest, obwohl du gar nichts getan hast?», lautet die Einstiegsfrage auf dem Postenplakat. Wer den dazugehörigen QRCode aufruft, erfährt, dass der Knoten, mit dem man Bretzel formt, auch zum Fesseln von Häftlingen verwendet wurde. Darum hätten fromme Bäckersleute früher am Hohen Donnerstag mit Bretzeln an die Verhaftung Jesu erinnert.

100 Portionen Teig an zwei Tagen

Die Teilnehmenden des Osterwegs können denn auch gleich vor Ort aus Zopfteig eine Bretzel formen. Flink machen sich die Frauen ans Rollen des Teigs. Dieser wird gebacken, während sie die weiteren Posten ablaufen. Die Brötchen können am Ende abgeholt und genossen werden. Am Vortag, als der Osterweg eröffnet wurde, seien 60 Portionen Teig, am heutigen zweiten Tag bereits 40 zu Bretzeln und Knöpfen verarbeitet worden, sagt der Herr, der den Backofen betreut.

«Ich habe heute im Gottesdienst von diesem Osterweg gehört und habe mich spontan entschieden mitzukommen», sagt eine 57-jährige Teilnehmerin, die in Huttwil zu Besuch ist, gegenüber dem «pfarrblatt». Obwohl der Weg anhand eines Plans auch allein begangen werden kann, hat sie eine geführte Gruppe vorgezogen. «So kommt man mit anderen ins Gespräch, auch mit Menschen, die man nicht kennt.»

Die acht Posten führen quer durch das schmucke Städtchen Huttwil. Als Einstieg dient jeweils eine Frage zum Nachdenken, die im Zusammenhang mit der Passionsgeschichte Jesu steht. Dazu gibt es jeweils sinnliche Tätigkeiten zu verrichten: «Was wäre, wenn dir eine Last auferlegt würde, die du gar nicht tragen kannst?», heisst es mit Bezug auf die Bibelstelle Johannes 19,17, als Jesus das Kreuz aufgebürdet wird. Im Kellergewölbe besteht die Möglichkeit, selber bis zu 30 kg schwere Holzbalken zu tragen.

Lasten tragen kann stärken

Die Frauen zögern, nur eine versucht es gemeinsam mit Francesco Marra. «Last ist nicht nur etwas Negatives», hält sie ihre Erfahrung gegenüber dem «pfarrblatt» fest. «Es kann einen stärken, wenn man es schafft, eine Last zu tragen. Nachdenklich stimmen sie die aufgehängten Statements von Zeitgenoss:innen, in denen diese schildern, welche Lasten sie im Alltag tragen.

Auf Begeisterung stösst der Posten mit dem Webstuhl. Dieser steht in einem kleinen Raum eines Miethauses. Aufgespannt ist ein 20 cm breites orangenes Band, an dem die Teilnehmenden weiterweben können. Das Band soll die Verbindung zwischen Menschen verdeutlichen. Der Posten lehnt an die Kreuzwegstation an, an der Veronika Jesus das Schweisstuch reicht. «Was wäre, wenn du den letzten Weg nach Hause gehen möchtest und keiner wäre da, um dir dein Leiden erträglicher zu machen?», lautet hier die Einstiegsfrage. Eine Plakatwand macht auf «sorgende Gemeinschaften» und Palliative Care aufmerksam.

Licht ins Dunkel

Der reformierte Pfarrer Fred Palm zeigt vor, wie man den Webstuhl bedient. «Man sieht, dass verschiedene Menschen an diesem Band gewoben haben», so Palm, «alle sollen ihre Spuren hinterlassen.» Auch die vier Frauen weben alle ein kleines Stück. Was mit dem Band geschehen soll, ist derzeit noch offen.

Nach rund 90 Minuten endet der Osterweg am Brunnenplatz, wo ein grosses Kreuz und ein ebenso grosses metallenes Ei stehen. Francesco Marra versichert, dass nicht etwa die Kirchen, sondern der Gemeindeammann das Kreuz gewünscht habe.

Die Teilnehmenden steigen in das Ei, wo sie erleben, «dass auch in der tiefsten Dunkelheit Lichtstrahlen zu dir durchdringen», heisst es im Begleittext. Das Hinaustreten ins Licht erinnert unausgesprochen an die Auferstehung. Die vier Teilnehmerinnen sind begeistert vom Osterweg. Die handfesten, sinnlichen Tätigkeiten wie das Weben, Brotbacken und Düfte erraten haben sie angesprochen.

Die Impulse «muss ich noch etwas wirken lassen», sagen zwei von ihnen gegenüber dem «pfarrblatt». Dass der Weg ökumenisch angelegt ist, findet eine Frau besonders wertvoll, denn «wir sind eine ökumenische Gemeinde».
 

Interaktiver Osterweg Huttwil
Der Osterweg führt in rund 90 Minuten an acht Posten vorbei durch die Innenstadt von Huttwil. Er nimmt Motive des Kreuzwegs Jesu auf, erklärt Hintergründe und schafft sinnlich-handfeste Verbindungen zum Heute. Lanciert wurde er von der katholischen und der reformierten Kirche, dem Tourismusverein «Pro Regio» sowie der Einwohnergemeinde Huttwil. Der Osterweg ist Teil der Huttwiler «Osterzyt», einer Veranstaltungsreihe rundum Ostern. Deren Herzstück bildete der «Ostereiermärit» vom 25./26. März.

Der Osterweg ist individuell begehbar bis 9. April. Öffentliche Führungen am 7. und 8. April, 16.00, Treffpunkt Brunnenplatz Huttwil. Keine Anmeldung nötig.

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