Das Landeskirchenparlament des Kantons Bern tagte in Langenthal. Fotos: Anouk Hiedl

Mit dem Herzen abgestimmt

Das Parlament der röm.-kath. Landeskirche tagte in Langenthal

Am 25. November tagte das röm.-kath. Landeskirchenparlament des Kantons Bern in Langenthal. Am meisten diskutiert wurde der Antrag auf eine Resolution zuhanden von Bischof Felix Gmür als gemeinsame schriftliche Reaktion der Abgeordneten auf die Resultate der Schweizer Missbrauchsstudie.

Anouk Hiedl

Francesco Marra, Leiter des Pastoralraums Oberaargau, gab zum Auftakt der Parlamentssitzung einen spirituellen Impuls zu Jesu Aussage «Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan» (Mt 25, 32-40). Diese Darstellung beschäftige ihn immer mehr. «Normalerweise scheint das selbstverständlich. Doch wenn wir über Gefangene, über Schuldige sprechen, über Menschen, die unsere Erwartungen enttäuscht oder grosse Fehler gemacht haben, dann…». Deshalb sage er es leise und auf Französisch: «Cette identification avec les coupables m’est étrange. Cette identification intégrale est un défi.»

Zu Beginn der Herbstsitzung forderte Michel Conus, der Präsident des röm.-kath. Landeskirchenparlaments des Kanton Bern, die 50 Abgeordneten des Landeskirchenparlaments auf, wie in der Landsgemeinde zu wählen – «nicht mit dem Degen, aber mit dem Herzen. Und vor allem mit eurer orangen Karte.»


Diese kam dann auch mehrfach zum Einsatz. Die Delegierten genehmigten das Budget 2024, dessen Mehraufwand von CHF 516'330.- hauptsächlich auf höhere Personalkosten zurückgeführt wird. Einen Finanzausgleich zwischen den Kirchgemeinden, den Expert:innen analysiert hatten, lehnte das Parlament ab, und fürs Projekt «Chance Kirchengesang» unterstützte es den Darlehensantrag von CHF 150'000.-.

Bruno Hofstetter, Regionalversammlung Bern, beantragte vor Ort ein zusätzliches Traktandum, das angenommen und viel Redezeit beanspruchte. Die Landeskirche müsse auf die im September publizierte Missbrauchsstudie reagieren. Im Parlamentsbüro sei dieses schwierige Thema unterschätzt worden. Die Landeskirche könne keinen direkten Einfluss nehmen, doch es beschäftige alle. «Nun verabschieden sich auch katholisch sozialisierte Menschen, welche die Kirche bislang unterstützt haben.»

Er gehe davon aus, dass man in ein paar Jahren über ganz andere Budgetzahlen sprechen werde. Wie solle sich die Kirche entwickeln, damit sie gesellschaftlich relevant bleibe und nicht zu einer Sekte verkomme? «Es geht nun darum, nicht auf vergangene Fehler zu zeigen, sondern in die Zukunft zu schauen.» Die Landeskirche müsse äussern, welche Kirche sie sich wünsche.

Miteinander gegen Missbrauch

Edith Rey Kühntopf, Regionalverantwortliche des Bistums Basel, hielt fest, dass das Fehlverhalten von Kirchenverantwortlichen Opfer und Kirche als Ganzes verletze. Deshalb hätten die Schweizer Bischöfe die Missbrauchsstudie mit in Auftrag gegeben. Mehr als die Hälfte der Fälle seien zwischen 1950 und 1970 passiert. Betroffene benötigten oft viele Jahre, bis sie sich jemandem anvertrauen könnten. Im Bistum Basel werde seit mehr als 20 Jahren Präventionsarbeit geleistet. Die Fälle seien seither stark zurückgegangen. Davon sei in den Medien leider wenig zu lesen gewesen. Die Studie habe das Bistum darin bestärkt, mit unabhängigen externen Stellen zusammenzuarbeiten.


Marie-Louise Beyeler, Präsidentin des röm.-kath. Landeskirchenrats, erläuterte, dass die geforderten Massnahmen diskutiert und finanzielle Sanktionen des Bistums abgelehnt worden seien. «Der grösste Teil der Bistumsbeiträge fliesst in Löhne. Einschränkungen dieser Beiträge hätten sofortige Kündigungen zur Folge. Der Landeskirche muss klar sein, dass Forderungen stellen und den Geldhahn zudrehen nicht zueinander passen.»

Missverhältnisse von Macht und fehlende Gewaltentrennung hätten Machtmissbrauch in der katholischen Kirche begünstigt. Die historische Aufarbeitung des Themas werde weiter beschäftigen. Es gelte nun, «mit vereinten Kräften zu verhindern, dass Menschen in der Kirche zu Schaden kommen.»

Bruno Hofstetter ergänzte, dass in der 2000-jährigen Tradition der Kirche der Mensch im Zentrum stehe – insbesondere in den Kirchen vor Ort. Mit einer Resolution wolle die Landeskirche Bischof Felix Gmür auffordern, darzulegen, wie er gegen die Missbrauchsursachen und das katholische Machtgefälle vorgehen wolle. Erwartet werde auch, dass der Bischof das Anliegen nach Rom trage. Daraufhin zeigten viele erhobene orange Abstimmungskarten, dass das Landeskirchenparlament den Antrag auf diese Resolution guthiess.

 

Weitere Infos: Medienmitteilung der röm.-kath. Landeskirche

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