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Muffelwerdung – Menschwerdung

Aki-Kolumne von Geneva Moser

Kennen Sie das Mufflon, auch Muffelwild genannt? Mir war es bis zu den Winterurlaubstagen auch nicht bekannt. Mitten in einem hessischen Wald, auf einer idyllischen Lichtung, standen sie, eine Herde gedrungener, brauner Tiere, ruhig äsend. Zuerst hielt ich sie mit Schrecken für Wildschweine, bis ich dann die geschwungenen Hörner sah. Sind es Ziegen? Rehe? Ein Radfahrer vertrieb die Herde jäh. Nur ihre weissen Hinterteile, Spiegel genannt, waren zwischen den Bäumen noch kurz zu sehen.

Das Internet sagt mir: Muffelwild, aus Sardinien und Korsika stammende, hier angesiedelte Wildschafe. Muffelwild. Wenn das nicht die perfekte Urlaubsentdeckung ist. So muffelig wie mein gemütlicher Urlaub in der warmen Stube mit Buch und gutem Essen sah dieses flinke, menschenscheue Herdentier zwar gar nicht aus. Aber es ist definitiv mein Lieblingsurlaubstier – das Muffel. Und so ein Urlaub ist doch immer auch Gelegenheit, Tiere zu entdecken und zu beobachten. Zu diesem Winter gehören für mich: Feldhasen in den Weinbergen; ein riesiger Fuchs am Waldrand, der bei genauerem Nachdenken auch ein Wolf gewesen sein könnte; Eichhörnchen; verschiedene Vögel und ganz besonders die Meisen auf meinem Balkon.

Auch im aki-Garten gibt es immer wieder so manche Tierart zu beobachten: Die beiden Eichelhäher beispielsweise, die regelmässig parallel zu uns Mittagstisch zu halten scheinen und für ebendiesen Gesprächsstoff bieten. Oder der Igel, den eine hier lernende Studentin im Garten filmen konnte. Und dann die zankenden Krähen. Die singenden Amseln. Auch das gehört als Beobachtung zu meinen Weihnachtsurlaubstagen: Wie zentral in der Weihnachts­erzählung und in den späteren, von Franziskus von Assisi neu ­initiierten Krippendarstellungen und auch in heutigem Weihnachtsliedgut die Tiere sind. Sie sind dabei. Sie haben das Weihnachtsgeheimnis begriffen. Es gibt diese wunderbare Er­zählung des Berner Theologen Kurt Marti, in der der heilige Franziskus den Tieren über die Menschwerdung Gottes predigt. Die Tiere hingegen protestieren: Gott ist doch nicht nur Wort, sondern auch Gesang, Gebell, Gezwitscher, Gegacker, Gemecker, Geblöke ​… Gott zeigt sich nicht nur den Menschen. Gott ist grösser. Von da an habe es Franziskus unterlassen, den Tieren zu predigen. Übrigens: Kennen Sie schon den Blob? Googeln Sie diesen faszinierenden Schleimpilz, der die Forschung vor zahlreiche Rätsel stellt; es lohnt sich!

Geneva Moser

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