Der Kirche steht das Wasser bis zum Hals. (Kirche im Reschensee, Südtirol) Foto: pixelio.de

Neuer Rekord bei Kirchenaustritten

34'000 Schweizer Katholik:innen verliessen die Kirche 2021.

Die römisch-katholische Kirche der Schweiz verzeichnet einen neuen Negativ-Rekord. Noch nie sind so viele Personen ausgetreten wie im Jahr 2021 – über 34’000. Damit wurde der Rekord von 2019 gebrochen. Das vermeldet das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) in St. Gallen.

von Regula Pfeifer, kath.ch

«2021 war ein Rekordjahr bezüglich Kirchenaustritte», bestätigt Urs Winter-Pfändler. Er ist als wissenschaftlicher Projektleiter für die Studie zuständig. Demnach haben sich die Austrittszahlen aus der römisch-katholischen Kirche der Schweiz im letzten Jahr nochmals erhöht. Es waren total 34’182.

Das waren rund 2500 mehr als im bisherigen Rekordjahr 2019. Damals traten 31’772 Personen aus der katholischen Kirche aus. Das schreibt das SPI in seinem aktuellen Bericht.

Ähnlich wie in Nachbarländern

Die letztjährige Austrittsquote lag bei 1,5 Prozent. Hier sind die Kantone nicht eingerechnet, die keine Mitgliedschaft haben, welche auf Kirchensteuerpflicht fusst – etwa Genf, Wallis, Neuenburg und Waadt. Ende 2021 waren schliesslich noch rund 2,96 Millionen Gläubige Mitglieder der Kirche.

Die Situation der Schweiz sei ähnlich wie in den umliegenden Ländern, schreibt das SPI. Auch Deutschland habe eine Austrittsquote von 1,5 Prozent aus der römisch-katholischen Kirche, Österreich eine von 1,6 Prozent.

Die Austrittszahlen unterscheiden sich kantonal: Einmal mehr liegt der Kanton Baselstadt an der Spitze. Dort traten 3,6 Prozent der katholischen Mitglieder aus. Ebenfalls hoch war der Anteil in den Kantonen Aargau und Solothurn mit je 2,4 Prozent.

Auch Reformierte verzeichnen Rekord

Auch die evangelisch-reformierte Kirche der Schweiz erlebte letztes Jahr einen Austrittsrekord. 28’540 Personen traten 2021 aus. Ein Jahr zuvor taten dies erst 27’040 und ein Jahr vorher um die 26’000. Ende 2021 gehörten noch 1,96 Millionen Personen der evangelischen Kirche an. Das ist rund eine Million weniger als bei der römisch-katholischen Kirche

Wie verbreitet sind die Konfessionen in der ständigen Wohnbevölkerung? Dazu hat das SPI die Strukturerhebung des Bundesamts für Statistik konsultiert. Resultat: 2020 stehen die römischen Katholikinnen und Katholiken mit 33,8 Prozent an erster Stelle. An zweiter Stelle sind die Konfessionslosen mit 30,9 Prozent. Und an dritter Stelle die Evangelisch-Reformierten mit 21,8 Prozent.

Laut Urs Winter-Pfändler haben die Konfessionslosen bereits im Jahr 2016 die Evangelisch-Reformierten zahlenmässig und anteilsmässig überrundet.

Doch weshalb treten die Leute aus der Kirche aus? «Corona spielt hier wohl keine Rolle», sagt Winter-Pfändler. Die Pandemie habe sich auf andere Faktoren – wie Gottesdienstbesuch, Taufen oder Firmungen – ausgewirkt.

Die Gründe für diese Austritte ermittelte das SPI aus Daten des Bundesamts für Statistik. Dabei erhielt es spezielle Datensätze aus dem Jahr 2019, die bei Telefoninterviews mit 13’000 Personen entstanden waren.

Stellungnahmen verärgern

Demnach traten Katholikinnen und Katholiken primär wegen öffentlicher Stellungnahmen der Kirche aus. Laut SPI dürfte es dabei um die Themen Stellung der Frauen in der Kirche, den Umgang mit gleichgeschlechtlich Liebenden oder Wiederverheirateten gehen sowie um Fragen zum Beginn und dem Ende des Lebens – also um Abtreibung und assistierten Suizid.

Etwas weniger oft wurde der Austritt mit dem verloren gegangenen oder fehlenden Glauben begründet.

Bei den Evangelisch-reformierten war es umgekehrt. Hier spielten Glaubensfragen das Hauptmotiv für einen Austritt, ebenso die damit eingesparten Kirchensteuern.

Das SPI hat dies mit 2014 verglichen und stellt fest: Die Gründe haben sich über die Jahre nicht verändert. Sein Fazit: Weder der katholischen noch der reformierten Kirche sei es gelungen, an den Austrittsgründen etwas zu ändern.

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