Nuntius Thomas E. Gullickson war bisweilen ein undiplomatischer Diplomat. Bild: zVg

Nuntius Thomas Gullickson verlässt die Schweiz

Der Botschafter des Papstes in Bern kehrt zurück in die USA: Erzbischof Thomas Gullickson (70) wird auf Ende Jahr pensioniert.

Der Botschafter des Papstes in Bern kehrt zurück in die USA: Erzbischof Thomas Gullickson (70) wird auf Ende Jahr pensioniert. Seine Zukunft plant er in seiner Heimat South Dakota. Dort hat er schon ein Haus gekauft.

Raphael Rauch (kath.ch)/sys

Offenbar am 16. Oktober, dem Festtag der Heiligen Hedwig, hat Nuntius Thomas E. Gullickson die Nachricht erreicht: Papst Franziskus kommt seiner Bitte nach und entlässt ihn aus dem diplomatischen Dienst. Nun steht der Termin für den Abschied fest: Am 31. Dezember 2020 hat Thomas Gullickson seinen letzten Arbeitstag in der Thunstrasse 60 in Bern.

Wie Gullicksons Blog zu entnehmen ist, plant der US-Amerikaner eine Rückkehr in seine Heimat in South Dakota. «Der Prozess des Hauskaufs ist ziemlich reibungslos verlaufen», schreibt Gullickson.

Kardinal Parolin kommt im November

Bis Ende Jahr warten auf den Nuntius noch ein paar Highlights. Wenn die Corona-Pandemie der Reisediplomatie nicht ein jähes Ende bereitet, dann kommt am 7. November Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in die Schweiz. Er ist der Leiter des mächtigen Staatssekretariats und die Nummer zwei im Vatikan – gleich nach Papst Franziskus.

Grund für Parolins Besuch sind 100 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Heiligen Stuhl. Auf dem Programm stehen Termine in Lugano, Einsiedeln und Fribourg. Dort kommt er mit Bundesrat Ignazio Cassis zusammen.

Als Ziel seiner Schweizer Mission hatte der Nuntius immer wieder genannt, eine ordentliche Bischofswahl in Chur über die Bühne zu bekommen. Ob diese bis Ende Dezember gelingt, kann allenfalls Kardinal Parolin beantworten.

Karibik, Ukraine, Schweiz

Die Pensionierung von Nuntius Thomas Gullickson auf Ende Jahr gibt einer These Auftrieb, die schon länger kursiert: «Mit diesem Nuntius wird es keinen neuen Bischof geben.» Demnach spiele Franziskus auf Zeit: Er wolle erst einen neuen Nuntius ernennen – um dann die Bischofswahl in die Wege zu leiten.

Insgesamt war Thomas Gullickson über 35 Jahre lang im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls tätig. Seinen ersten Posten als Botschafter des Papstes hatte er 2004 in der Karibik: Dort war er Apostolischer Nuntius mehrerer Inselstaaten, darunter Bahamas, die Dominikanische Republik, Jamaika, Trinidad und Tobago sowie auf dem lateinamerikanischen Festland Surinam und Guyana.

2011 folgte der Botschafterposten in der Ukraine. Während der Russland-Ukraine-Eskalation fiel Gullickson mit undiplomatischen Tweets auf. Wohl auch deswegen zog ihn der Vatikan ab – und versetzte ihn nach Bern.

Ein undiplomatischer Botschafter

Anfangs verfolgte Gullickson einen offenen Kurs, traf viele Kirchenvertreter und gab Journalist*innen muntere Interviews. Später verweigerte er Medien Interviews. Auch in seiner Mail-Korrespondenz traf er nicht immer den richtigen Ton, wie das «pfarrblatt» aus eigener Erfahrung weiss. Bei Reformkatholik*innen ist der konservative Nuntius schon länger Persona non grata, hält er doch das Frauenpriestertum für "nicht möglich". In letzter Zeit schottete sich der Nuntius allerdings mehr und mehr ab.

Wenn Gullickson Ende Jahr aufhört, werden ihm nicht viele hinterhertrauern. Stattdessen wird die Sehnsucht grösser nach einem Nuntius, der Gefallen findet an der Schweizer Kirchenlandschaft und ihrem spezifischen System. Ein Name, der immer wieder fällt, ist Karl-Josef Rauber.

Sehnsucht nach Karl-Josef Rauber

«Einen jungen Rauber bräuchten wir», hört man immer wieder. Rauber war von 1993–1997 Nuntius in Bern. Er hatte in den Konflikt im Bistum Chur eingegriffen – und dafür gesorgt, dass Bischof Wolfgang Haas nach Liechtenstein gehen musste. Seitdem gilt Rauber als Freund der Schweizer Kirche.

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