Lockangebote begünstigen schnelle und automatische Entscheidungen, sagt der Psychologe Sebastian Ulbrich. Foto: photocase/kallejiipp

Schwarze Marketingmasche bunt entlarven

Kontrastprogramm zum Black Friday

Sich gemeinsam einsetzen für Kleider, die umweltfreundlich und sozial hergestellt werden: Dazu ermuntert eine farbige Gegeninitiative zum Black Friday. Auch wenn es am kommenden Freitag Rabatte regnet und schnelle Glückshormone zum Greifen nah scheinen – der Preis soll fair sein.

Von Marcel Friedli

Der letzte Freitag des Novembers ist schwarz. Bekannt als schwarzer Freitag, als Black Friday. Er markiert den Auftakt zum Weihnachtsgeschäft. Notabene die umsatzstärkste Zeit. Am Black Friday sind schicke T-Shirts, trendige Hosen, glitzernde Blusen für einen Spottpreis zu haben.

«Mit dieser Aktion wird die Mentalität, Dinge rasch wegzuwerfen, weiter angekurbelt», sagt Ursina Haslebacher von Fashion Revolution. «Verhalte ich mich so, schade ich unserem Klima, der Biodiversität. Und ich trage zur sozialen Ausbeutung bei.» Hinter dem Black Friday stecke eine «gezielte Marketingmasche, mit der zu übermässigem Konsum verleitet wird».

Billig für kurze Zeit

Die Masche, die hinter den verlockenden Angeboten steckt, erklärt Psychologe Sebastian Ulbrich so: «Lockangebote begünstigen schnelle und automatische Entscheidungen, indem Druck aufgebaut wird: Die Angebote gelten für einzelne Produkte. Zu einem wahnsinnig günstigen Preis – nur für kurze Zeit.» Weil viele Menschen angelockt werden, hat man das Gefühl, man müsse sehr schnell zugreifen, um nicht leer auszugehen.

«Da bleibt keine Zeit zum Nachdenken», sagt Sebastian Ulbrich. Meist geht es weniger darum, ob das zusätzliche T-Shirt etwas nützt – sondern alles dreht sich um das Kauferlebnis selbst. «Mühsam abzuwägen, ob ich etwas wirklich benötige, macht weniger Spass, als voll im Flow auf Shoppingsafari zu gehen.»

Der Eventcharakter von Black Friday fördert das schnelle Schnäppchen zusätzlich, wie Sebastian Ulbrich sagt. «Gemeinsam Deals jagen, sich darüber auszutauschen: All das begünstigt das Konsumverhalten.»

Party im Kopf

«Ein guter Deal», weiss der Verhaltenspsychologe, «löst im Belohnungsnetzwerk des Gehirns eine Party aus.» Doch: «Die Freude und das Glück, ein neues Produkt zu ergattern, dauern meist nicht lange. Mache ich das Glück von Äusserem abhängig, benötige ich immer wieder solche Kicks, um Glücksgefühle zu erleben.»

Im Rausch der Masse einzukaufen ist gemäss Sebastian Ulbrich ein «Chilbi-Besuch mit Freund:innen». Langfristig sei es sinnvoller, wiederholt in gemeinsame Erlebnisse zu investieren als in Materielles. «Allein deshalb, weil man sich an gemeinsam gestaltete Zeit meist besser erinnert als an den Kauf des zehnten Paars Sneakers.»

 

Mehr Transparenz in der Modeindustrie
Kommenden Freitag halten sich im ganzen Land 80 Geschäfte mit Lockangeboten und übertriebenen Rabatten zurück. «Jeder Shop ist ein Schritt und ein positives Zeichen», sagt Ursina Haslebacher von Fashion Revolution Bern. «Geduld ist nötig, bis dereinst noch viel mehr Geschäfte mitmachen – und hoffentlich bald auch grosse Modemarken.»  Die Kampagne Colorful Friday ins Leben gerufen haben die gemeinnützigen Organisation Fashion Revolution und die Schweizer Textilmanufaktur Colora. Fashion Revolution ist vor neun Jahren entstanden, nach einem Unglück in einem westlichen Modeunternehmen in Bangladesch. Rund 1100 Menschen sind dabei gestorben. Die Gegenbewegung zur Fast-Fashion-Industrie verlangt mehr Transparenz in der Modeindustrie. Sie setzt sich dafür ein, dass wir bewusst und nachhaltig konsumieren.

 

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