Will Verbindungen herstellen. Architekt Roman Lehmann. Foto: Ruben Sprich

Schwellen abbauen, Barrieren öffnen

Pfarreizentrum Zollikofen: beim Architekten nachgefragt

Vor allem das Thema «Öffnung» spielte beim Neubau des Pfarreizentrums in Zollikofen eine wichtige Rolle. Architekt Roman Lehmann gibt einen Einblick in die Entstehung des Baus.

von Christian Geltinger

«pfarrblatt»: Hatten Sie bereits Erfahrungen mit Bauprojekten für Kirchgemeinden?

Roman Lehmann: Wir haben zuletzt ein grösseres Pfarreizentrum in Willisau gebaut. Es handelte sich um ein Objekt mit einem Pfarreisaal für 280 Personen, einem Jugendzentrum, Kindergärten, einer Tagesschule und mit 24 Mietwohnungen, die die Pfarrei noch zusätzlich gebaut hat. Aus einem alten Schulhaus mit Hinterhof ist fast so etwas wie ein kleines Quartier als Verbindung zur Altstadt entstanden.

Was hat Sie an diesem Projekt gereizt?

Das Schönste für einen Architekten ist es, wenn er für eine öffentliche Institution bauen darf. Bei uns kommt dazu, dass wir uns auf Architektur und Stadtplanung spezialisiert haben. Mit diesen beiden Polen hat man die Möglichkeit, das Ganze – ähnlich wie in Willisau – etwas grossmaschiger zu denken. Man baut nicht nur ein Objekt, sondern entwickelt es in Beziehung zu seiner Umgebung. Das war auch bei unserem Wettbewerbsbeitrag für das Pfarreizentrum Zollikofen ein zentrales Kriterium.

Wie darf man sich das konkret vorstellen?

Für uns war es wichtig, dass man eine Verbindung herstellt zwischen Blindenschule, Kirche bzw. Pfarreigebäude und dem Ort Zollikofen. Wir haben also das Gebäude um 90 Grad gedreht. Durch die Trennung von Kirche und Pfarreigebäude ist ein Durchgang entstanden, der das Gelände nach beiden Seiten öffnet. Ausserdem wurde dadurch der Blick auf die Kirchenfassade freigelegt. Das Gelände wirkt jetzt nach aussen hin viel einladender. Gleichzeitig ist es für die Bewohner:innen der Blindenschule, die einmal pro Woche im Pfarreigebäude das «jeudi bistro» veranstalten, einfacher über den Spielplatz zu erreichen. So gibt es sogar einen Mehrwert im Vergleich zur Ausschreibung.


Inwiefern ist das Kriterium der Nachhaltigkeit in Ihre Überlegungen mit eingeflossen?

Wir standen vor der Ausgangslage: Belässt man den Altbau und plant eine Erweiterung auf dem vorhandenen Dach oder gibt es einen Abbruch? Wir haben uns aus Gründen der Öffnung und des schlechten baulichen Zustands für einen weitgehenden Abbruch entschieden, konnten aber im Sinne der Nachhaltigkeit verschiedene Elemente, die noch brauchbar waren, belassen. Was vom Altbau noch übrig ist, ist die alte Bodenplatte, die im Saal verarbeitet ist, sowie die alte Rückwand, die man in den Neubau integriert hat. Aber auch bei den verbauten Materialien und den Bereichen Heizen, Elektrizität und Licht wurde an Nachhaltigkeit gedacht.

Gab es unvorhergesehene Situationen während der Bauphase?

Tatsächlich war das Ergebnis des Bauvolumens von Studienauftrag und Vorprojekt deutlich höher. Dann kam Corona und wir mussten nochmals über die Bücher gehen. Neben den beiden Unterrichtsräumen und dem Saal mit Teeküche und Gastroküche war noch ein grosser Mehrzweckraum geplant, der dem Rotstift zum Opfer fiel. Allerdings haben wir trotz Corona und Teuerung finanziell und zeitlich eine ziemliche Punktlandung hingelegt.

Inwiefern spielten sakrale oder spirituelle Aspekte für den Bau eine Rolle?

Gewisse Themen sind an den benachbarten Kirchenbau angelehnt, etwa die vertikale Gliederung, die sich in den filigranen Stützen wiederfindet, oder die horizontale Verglasung. Dadurch ergibt sich im Saal durch die Überhöhen eine besondere Lichtstimmung. Wir haben aber auch an anderen Stellen sehr viel mit Glas gearbeitet, um ein Gefühl von Transparenz zu vermitteln.

Was würden Sie Kritiker:innen antworten, die behaupten, die Kirchgemeinde Zollikofen habe sich für fünf Millionen Franken einen Protzbau geleistet?

(lacht) Also ich denke, es handelt sich um alles andere als um einen Protzbau. Es ist ein solider Bau, bei dem Zweckmässigkeit, Effizienz, aber auch Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen. Mir ist von Anfang an aufgefallen, dass die Kirchgemeinde vor allem daran interessiert war, durch ein möglichst breites Nutzungskonzept Schwellen abzubauen und das Gebäude für vielfältige Aktivitäten zu öffnen.

 

Tag der offenen Tür:
Samstag, 25. November, 10.00–16.00, Stämpflistrasse 26, 3052 Zollikofen

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