Will den Blick für soziale Veränderungen schärfen. Künstlerin Eva Petrič. Foto: Vera Rüttimann

Spitzen-Kunst in der Dreif

Künstlerin Eva Petrič nimmt die Pandemie in den Blick

«Corona Rose Three Movements – REvolving» – so heisst das Werk aus feiner Spitze der slowenischen Künstlerin Eva Petrič. Bis zum 26. November ist es zu sehen in der Dreifaltigkeitskirche in Bern. Es ist ein feinsinnig-künstlerischer Kommentar zur aktuellen Pandemie.

Von Vera Rüttimann

Im Chorraum der Dreifaltigkeitskirche ist etwas Seltenes zu sehen. Ein langgezogener Teppich, bestehend aus unzähligen Häkeldecken aus Spitzen. Drei grosse Kreise sind auszumachen, darin unzählige Blüten, die in immer neue Formen übergehen und sich filigran verknoten. Auch die Farmen Blau, Orange und Rot vermischen sich. Das Tuch hat transparente Stellen, so das der orange leuchtende Hintergrund des Chorraums zum Vorschein kommt. Das Werk irritiert, fasziniert und lässt staunen.

Teil eines grossen Ganzen

Die Multimedia-Künstlerin Eva Petrič hat das Werk erschaffen. Geboren in Kranj, Slowenien, pendelt sie derzeit zwischen New York City, Wien und Ljubljana. Für die Vernissage ist sie eigens nach Bern angereist. Ihr Kunstwerk ist während des zweiten Lockdowns entstanden. In einer Phase, in welcher das Corona-Virus bereits mutiert ist. «Mein Werk mit den drei Bewegungen verstehe ich als Spiegelbild dieses Zustandes», sagt die Künstlerin. Die vielen Knotenpunkte symbolisieren für die 38-Jährige den Kit, der die Menschen untereinander zusammenhalten und verbinden soll. Jeder sei mit dem anderen verbunden – und Teil eines grossen Ganzen.

Spitzen-Macherinnen aus Slowenien

Entstanden ist das filigrane Werk während der zweiten Welle der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020. In dieser Zeit hat Eva Petrič berühmte Spitzen-Macherinnen in Idrija (Slowenien) gebeten, ihre Ängste und Hoffnungen in handgeklöppelten Spitzen in Form von Rosenblättern zu verarbeiten. Die Künstlerin fügte sie schliesslich mit unzähligen weiteren Spitzen-Deckchen zusammen und formte daraus in harter körperlicher Arbeit eine riesige Rose. Sie konnte sich aus einem reichen Fundus bedienen, weil sie «überall auf der Welt nach Spitzen suche», wie sie berichtet.

Über 25 ortsspezifischen Installationen mit Spitzen hat die Performance-Künstlerin bereits geschaffen. So etwa in der St. John the Divine-Kathedrale in New York oder zuletzt im Stephansdom in Wien. «Ich stelle gerne in spirituell aufgeladenen Orten wie Kirchen aus», sagt Eva Petrič. Fasziniert sei sie vom orange ausgemaltem Chorraum der Dreifaltigkeitskirche. Davon gehe eine starke Energie aus. «Es war für mich eine Herausforderung, einen Dialog zwischen dieser Kirche und meinem Kunstwerk herzustellen», ergänzt Eva Petrič.

Das Werk verbreitet seinen Zauber sofort. Philipp Ottiger, Vikar an der Dreifaltigkeitskirche, sagt: «Je nach Lichteinfall hat das Werk einen eigenen Ausdruck. Es ist wunderschön.» Christian Schaller, Pfarrer der Berner Dreifaltigkeitspfarrei, ergänzt: «Alles fliesst und bewegt sich in diesem Werk. Panta rhei!» Er zeigt dabei mit der Hand nach oben, zum grossen Kreuz. Neben ihm steht und staunt Iztok Grmek, Botschafters von Slowenien, der eigens zur Vernissage gekommen ist.

Chance zur Umkehr

Beim Apéro im Pfarreisaal ist Eva Petrič eine gefragte Gesprächspartnerin. Etliche ihrer Landsleute sind da. In den Gesprächen spricht sie auch über Hoffnung. Sie ist ein zentraler Bestandteil in ihrem Werk: «Die Corona-Rose drückt für mich die Hoffnung aus, dass wir dieses Virus bezwingen können. Durch neue, positivere Mutationen.» Auch wenn die Corona-Rose Dornen habe, werde sich die Schönheit und das Leben durchsetzen.

In der Corona-Pandemie sieht die slowenische Künstlerin eine Chance zur Umkehr. «Wir können Dinge in unserem Sozialverhalten korrigieren, die wir zuvor vernachlässigt haben.» Eva Petrič hofft, dass die Menschen durch die Erfahrungen mit dieser Pandemie miteinander achtsamer umgehen. Die Künstlerin sagt: «Corona wird nicht ganz verschwinden, aber das Virus gibt uns eine neue Möglichkeit, das Leben anders zu sehen.»

Das Kunstwerk «Corona Rose Three Movements – REvolving» ist in der Dreifaltigkeitskirche noch bis zum 26. November zu sehen.

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