St. Vinzenz im Chorgewölbe des Berner Münsters. Foto: www.bernermuenster.ch/bauwerk/interaktives-chorgewoelbe

St. Vinzenz – Schutzpatron des Berner Münsters

Vinzenz tritt ein für seinen Glauben. Die Jahresserie #heiligbern

Das Berner Münster war noch im Bau, als die Umsetzung der Reformation beschlossen wurde. Vinzenz, der Schutzpatron, predigte im Spanien des 4. Jahrhunderts und wurde im Zuge der Christenverfolgung grausam ermordet.

von Nicole Arz

Als der Zürcher Reformator Zwingli 1528 nach Bern reiste, um dem dortigen Disput um die Kirchenreform beizuwohnen, war das Berner Münster noch im Bau. Gut hundert Jahre zuvor, nachdem ein verheerender Brand grosse Teile der Stadt zerstört hatte, war im Rahmen des Wiederaufbaus der Wunsch entstanden, am Ort der damaligen Stiftskirche ein der Stadt würdigeres Gotteshaus zu errichten. Der Staat Bern, der die kirchlichen Angelegenheiten mehr und mehr in die eigenen Hände genommen hatte, war Bauherr und wichtigster Geldgeber.

Der Disput in Bern fiel zugunsten der Reform aus und der Stadtstaat setzte die Reformation umgehend durch: Im Münster wurden alle Altäre, Heiligenbilder und Nebenbauten wieder entfernt, was die Fertigstellung des Baus um Jahrzehnte verzögern sollte.

Der Gedenktag des Hl. Vinzenz ist der 22. Januar. Eine Bauernregel besagt «Sankt Vinzenz tief im Schnee, bringt das Jahr viel Heu und Klee».


Der heilige Vinzenz von Saragossa

Der Schutzpatron des Münsters, der heilige Vinzenz von Saragossa, mag heute vielen Berner:innen unbekannt sein. Die Vinzenzen-Stiftung, die die kulturelle und soziale Arbeit am Münster unterstützt, erinnert jedoch noch an den Heiligen aus dem 4. Jahrhundert.

Vinzenz, der als Diakon im nordspanischen Saragossa gepredigt hatte, wurde im Zuge der grossangelegten Christenverfolgung durch das Römische Reich grausam gefoltert. Der Überlieferung nach legten die Peiniger Vinzenz mit zerdehnten Gliedern und von Haken zerrissen auf einen glühenden Rost. Als er schliesslich auf einem Glasscherbenlager starb, trösteten ihn Engel und machten aus seinem Marterbett ein Blumenlager. Aus Wut verweigerte der Statthalter die Beerdigung und liess den Leichnam auf freies Feld legen, auf dass er von Hunden und Vögeln gefressen werde. Engel und zwei Raben verhinderten das, sodass man die Leiche schliesslich in eine Ochsenhaut einnähen und ins Meer werfen liess. Die Wellen spülten ihn jedoch an Land, wo er von einer frommen Witwe gefunden und bestattet wurde.

Armsünderglocke

Die Grausamkeit dieser Geschichte lehrte leider keine Sanftmut: So wies der Kanton Bern um 1850 die mit Abstand grösste Hinrichtungsquote der Schweiz auf. Viele der Hingerichteten waren Frauen, die aufgrund von Armut und Vergewaltigung keinen anderen Ausweg sahen, als ihr Neugeborenes zu töten.

Zum Gang auf die Richtstätte vor dem Berner Rathaus läutete die Armsünderglocke im Turm des Münsters. Aus Scham über diese Vergangenheit musste die Glocke nach der Abschaffung der Todesstrafe lange schweigen.

Erst im Jahr 2002 entschied der Kirchgemeinderat von St. Vinzenz, dass die Glocke gänzlich unschuldig sei an der unrühmlichen Geschichte. Heute verrichtet sie deshalb wieder ihren Dienst als Teil des wertvollen Münstergeläuts und schwingt im Turm jenes Ortes, der gemäss der Vinzenzen-Stiftung «langfristig ein lebendiger Ort für Menschen aus der Stadt und ihrer weiteren Umgebung bleiben soll».
 


Die Jahresserie #heiligbern im Überblick

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