Stefanie Duttweiler plädiert dafür, sich mit starken Gefühlen auseinanderzusetzen und darüber zu sprechen. Foto: Pia Neuenschwander

Starke Gefühle – (k)ein Tabuthema?

Was macht man mit unangemessenen Gefühlsregungen im Alltag?

Wann immer Menschen miteinander interagieren, sind Gefühle im Spiel. Wenn der Körper anderer Menschen Begehren oder Ekel hervorruft, ist das im Beruf und im Alltag eine Herausforderung. Es gibt vieles, worüber man nicht spricht – die Berner Fachhochschule möchte dies mit einer Tagung ändern.

Autorin: Sabrina Durante

Gefühle prägen unsere Wahrnehmung, unsere Deutung, unsere Handlungen. Solange es um Sympathie oder Antipathie geht, können wir meist gut damit umgehen. In manchen Situationen jedoch kann unser Gegenüber etwas auslösen, das wir als unangemessen empfinden, etwa Wut, Ekel, Scham. Darüber spricht man aber normalerweise nicht – solche Reaktionen sind in unserem Kulturkreis tabu.

Idee aus dem Alltag der Sozialen Arbeit

Das Departement Soziale Arbeit der Berner Fachhochschule möchte solche Gefühle aus dem Bereich des Unsagbaren herausholen. Dazu wird am 16. Januar eine öffentliche Tagung organisiert, die sich dem Tabuthema «Starke Gefühle» widmet. Wo werden wir damit konfrontiert? «Die Idee dazu ist aus dem Alltag der Sozialen Arbeit geboren», so Stefanie Duttweiler, Dozentin an der Berner Fachhochschule. «Es gibt immer wieder Situationen, wo solche Gefühle hochkommen und die Betroffenen auch überwältigen können. In der Jugendarbeit können sich Betreuende von Jugendlichen sexuell angezogen fühlen – was macht man mit diesen Gefühlen? Oder in der Altenpflege: Was löst der Umgang mit ‹alten› Körpern bei den Pflegenden aus? Solche Gefühle können verunsichern. Umso wichtiger ist es, sich damit auseinanderzusetzen, denn unser Handeln wird davon beeinflusst.»

Breites Spektrum

Die Auswahl der Referent*innen spiegelt das breite Spektrum des Themas wider: So werden an der Tagung unter anderem Expert*innen aus den Gebieten der Jugendarbeit, der Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung und der Altersforschung teilnehmen. Die Tagung richtet sich aber nicht nur an Professionelle aus dem Bereich der Sozialen Arbeit. «Das Thema betrifft uns alle», findet Duttweiler. Und so sind alle eingeladen, die sich dafür interessieren, unabhängig von Alter und Berufsfeld. Nach der Tagung können ausgewählte Inhalte in einem öffentlichen Seminar weiter vertieft werden (siehe Kasten). Der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Studierenden der Sozialen Arbeit und Personen aus der Öffentlichkeit stehen dabei im Mittelpunkt: Bei dieser besonderen Begegnung an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Praxis und Lebensalltag sollen sich alle gegenseitig inspirieren und weiterbringen.

 

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Tagung: «Starke Gefühle». Vom Umgang mit der Körperlichkeit anderer

Inhalte

  • Vom (professionellen) Umgang mit starken Gefühlen – Übertragung, Nähe, Distanz. Mit Prof. Dr. Margret Dörr, Katholische Hochschule Mainz
  • Vom Umgang mit Erotik und Sexualität. Mit Sandra Schäfer, Jugendarbeiterin, Mobile Jugendarbeit Winterthur, und Prof. Dr. Stefanie Duttweiler
  • Vom Umgang mit Ekel und Scham. Mit Irène Signer, Nathalie Stiftung, und Prof. Esther Abplanalp, BFH Soziale Arbeit
  • Vom Umgang mit dem alten Körper. Mit Prof. Dr. François Höpflinger, em. Titularprofessor für Soziologie, Zentrum für Gerontologie, Universität Zürich Tagung Samstag, 16. Januar, 09.15 bis 16.00, Berner Generationen-Haus, Bahnhofplatz Bern.

Die Tagung findet online statt und ist gratis. Infos und Anmeldung bis 14. Januar.
Vertiefungsseminar Montag und Dienstag, 18. und 19. Januar, 08.50 bis 15.50, ebenfalls online. Anmeldung an der Tagung vom 16. Januar.

 

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