Die Politik grätschte bisweilen hart dazwischen. SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard (links) bringt den kantonalen Beauftragen für religiöse Angelegenheiten David Leutwyler in Bedrängnis. Foto: Pia Neuenschwander

Starkes Zeichen für den Frieden

Freundschaftsspiel zwischen FC Weltreligionen und FC Nationalrat

Der interkulturelle Dialog wurde im Stadion Wankdorf auf 22 Beinen ausgetragen. Bei einem Freundschaftsspiel traf der FC Weltreligionen auf den FC Nationalrat. Das Team aus dem Bundeshaus gewann das Spiel 3:0. Das Resultat jedoch war nebensächlich.

Von Vera Rüttimann

Auf der Tribüne im Stadion Wankdorf blicken die Zuschauer:innen erwartungsvoll auf das Spielfeld. Doch vor dem Anpfiff wird es erst einmal still. Das Stadionlicht wird gedimmt. Die Spieler des FC Weltreligion und des FC Nationalrates stehen im Mittelkreis. Sie halten eine Schweigeminute. In Gedenken für die Opfer des Ukraine-Krieges. In Sorge für das, was noch kommen mag.  Erst dann ging das Spiel los. 


Mit dabei ist auch Benjamin Schliesser, Professor für Literatur und neues Testament an der Uni Bern. Auch er denkt an diesem Abend an die Menschen in der Ukraine. Als Deutscher wisse er von seinen Eltern, was Krieg bedeute. «Ich habe mich gefragt, ob man angesichts dieses Krieges an einem Fussballspiel überhaupt Spass haben darf», sagt er auf dem Rasen. «Doch das völkerverbindende und interreligiöse Element dieses Freundschaftsspieles», erläutert er, «das war für mich der Punkt, der mich heute motiviert hat, doch zu spielen.»

Eigene Fluchterfahrungen

Auch der Vertreter der alevitischen Gemeinde, Bülent Celik, geht der Krieg in der Ukraine nahe. Der Kurde weiss, wie sich Repressalien anfühlen. Erfahren hat Celik sie am eigenen Leib. «Ich habe in Russland und in der Türkei als Journalist gearbeitet. Ich musste wegen meinen kritischen Meinungsäusserungen fliehen», erzählt er. Seit 2005 lebt er in der Schweiz. Dialog über religiöse und politische Grenzen hinweg und gelebte Vielfalt, das seien seine grossen Anliegen. «Deshalb mache ich beim FC Weltreligionen mit. Und deshalb bin ich heute da», sagt Bülent Celik, der als interkultureller Vermittler und Mediator arbeitet.


Die beiden Fussballteams werden auf der Tribüne mit Gejohle und Kuhglocken angefeuert. Darunter ist auch eine Gruppe Ukrainer, die schon länger in Bern lebt. «Ein wunderbares Zeichen», sagt Bülent Celik. 

Was das mit den Nationalräten macht

Am anschliessenden Buffet im Stadionrestaurant ist die Stimmung gut aufgelegt. Die jungen Nationalräte zeigen sich auskunftsfreudig. Christian Wasserfallen (FDP Bern) hat heute festgestellt, «dass selbst bei den Weltreligionen manchmal die Funken sprühen. Die Zweikämpfe waren knackig.»


Matthias Aebischer (SP Bern) sagt: «Ich habe mich bei den Gegenspielern jeweils gefragt, welcher Religionsgemeinschaft sie angehören.» Die verschiedenen religiösen Symbole auf den weissen Shirts der FC-Weltreligion-Spieler habe er interessiert studiert, so Matthias Aebischer, der christlich aufgewachsen ist.

Der SP-Politiker zeigt sich beeindruckend darüber, «wie viele Leute mit unterschiedlichen Weltanschauungen sich in diesem Team engagieren.» In seinem Team sei die Vielfalt ähnlich gross: «Von der SP bis zur SVP ist bei uns die ganze politische Bandbreite auf dem Platz.» Auch wenn die Parteien unterschiedlich ticken, auf dem Platz flitzen untereinander die Pässe.

Marcel Tobler (FDP St. Gallen), ist der Top-Scorer des FC Nationalrates. Er sagt: «Immer am Dienstag nach der Sitzung im Bundeshaus trainieren wir. Dieser Tag ist mir heilig.»


Zufrieden mit dem Abend ist auch der Berner SVP-Nationalrat Marcel Guggisberg: «Es ist einfach schön zu sehen, wie der Sport verbindet. Unabhängig von Parteien und Religionen. Wir spielen sehr gerne gegen die Weltreligionen.»

Muslim Muveid Memeti, Präsident des FC Weltreligionen, machte es Spass, gegen die Politiker zu kicken. Er sagt: «Es hat grosse Überwindung gekostet, heute auf dem Platz zu stehen. Aber es war ein starkes Zeichen für den Frieden.»

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