Eine Studie soll Licht in ein dunkles Kapitel der Katholischen Kirche Schweiz bringen. Foto: KNA

Startschuss für schweizweite Studie zu Missbrauch

Zwei Historikerinnen der Uni Zürich leiten Pilotprojekt

Monika Dommann und Marietta Meier leiten ein Pilotprojekt zur Aufarbeitung des Missbrauch-Komplexes in der katholischen Kirche der Schweiz. Projektstart ist im März 2022 – für zunächst ein Jahr.

Der Auftrag kommt von der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), den Katholischen Ordensgemeinschaften der Schweiz (KOVOS) und der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), dem Zusammenschluss der Kantonalkirchen. Im November wurde der Vertrag unterzeichnet, wie es in einer Mitteilung von SBK, KOVOS und RKZ vom Montag heisst. Als nächsten Schritt stellen die beiden Projektleiterinnen das Forschungsteam zusammen und legen das weitere Vorgehen fest. Laut Vertrag wurde für das einjährige Pilotprojekt ein Kostendach von maximal 377’000 Franken vereinbart.

Pilotprojekt als Grundlage für grössere Forschung

Es handle sich um ein Pilotprojekt, heisst es in der Medienmitteilung. Die Studie soll die Rahmenbedingungen einer historischen Aufarbeitung sexueller Ausbeutung im kirchlichen Umfeld seit der Mitte des 20. Jahrhunderts evaluieren. Damit soll sie auch die Grundlage für künftige Forschungsprojekte bilden.
Ein von der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte (SGG) ernannter wissenschaftlicher Beirat soll die wissenschaftliche Qualität und die Unabhängigkeit des Projektes sichern. Dieser Auftrag sei eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Aufarbeitung der Thematik des sexuellen Missbrauchs im Kontext der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz, heisst es in der Mitteilung.

«Den Opfern geschuldet»

Unzählige Menschen hätten im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen im Umfeld der römisch-katholischen Kirche grosses Leid erlitten. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung sei in erster Linie den Opfern geschuldet. «Die unabhängige, wissenschaftliche Erforschung soll Transparenz schaffen und der Kirche in der Schweiz helfen, sich den eigenen Defiziten zu stellen und die nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen», sagt der Churer Bischof Joseph Bonnemain gemäss Mitteilung. Bonnemain ist innerhalb der Bischofskonferenz verantwortlich für das Fachgremium «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld».

Bonnemain legt den Fokus auf eine historische Untersuchung, weil er davon ausgeht, dass es Ursachen gibt, die in der Struktur der Kirche begründet sind: «Alles deutet darauf hin, dass es für die Übergriffe im kirchlichen Kontext nicht nur individuelle, sondern auch systemische Ursachen gibt. Es interessieren nicht nur einzelne Taten, sondern die grossen Zusammenhänge.»

Expertinnen auf diesem Gebiet «Machtmissbrauch»

Laut einem Bericht des «Bunds» haben die beiden Historikerinnen Monika Dommann (55) und Marietta Meier (55) Erfahrungen mit Studien zu Machtmissbrauch: «So leitete Meier das Forschungsprojekt zu Medikamentenversuchen in der psychiatrischen Klinik Münsterlingen. Dommann sass dafür im Expertengremium», schreibt der «Bund». Die Stellen für drei Postdoktoranden sollen laut «Bund» in den nächsten Tagen ausgeschrieben werden. (kath.ch/sda/sys)

Bisherige Schritte
Laut Bonnemain waren  bisherige wichtige Schritte in der Aufarbeitung: Ein Erlass schweizweiter Richtlinien, in denen unter anderem auch die Zusammenarbeit mit den staatlichen Strafverfolgungsbehörden geregelt wird; Verstärkung der Prävention durch die Bistümer, Klöster und Kantonalkirchen mit Hilfe von Mitarbeiter:innenschulungen, Schutzkonzepten und Verhaltensrichtlinien. 2016 folgte der von den Schweizer Bistümern, den Ordensgemeinschaften und kantonalkirchlichen Organisationen getragene Genugtuungsfonds. Er entschädigt Opfer von Missbrauchsfällen, die sowohl nach staatlichem als auch nach kirchlichem Recht verjährt sind.

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