«Ein Text ist gut, wenn ich nichts mehr weglassen kann.» Felix Klingenbeck. Foto: zVg

«Texte werden durch jene lebendig, die sie lesen»

Meditationstexte von Felix Klingenbeck zum Hungertuch

Felix Klingenbeck schreibt regelmässig Kolumnen, Kommentare und Predigten zu Religion, Kirche und Gesellschaft. 2022 hat der Münsinger Pfarreileiter und Seelsorger nun sieben Meditationstexte zum Hungertuch der Hilfswerke Fastenaktion und HEKS verfasst.

Interview: Anouk Hiedl

«pfarrblatt»: Sie verfassen regelmässig Predigten, Kommentare, Kolumnen und Gedichte. Was inspiriert Sie?

Felix Klingenbeck: Die Tür zum Schreiben geht für mich von zwei Seiten her auf. Manchmal sind es Gedanken, die sich aufdrängen, in Worte gefasst zu werden. Seelsorger und Pfarreileiter sein ist zudem auch ein Wort-Beruf. Zu jedem Gottesdienst gehört ein Gedankenanstoss. Für den Pfarreiteil im «pfarrblatt» möchte ich, dass es immer etwas zum Nach- und Weiterdenken gibt. So sind in den letzten 14 Jahren dafür über 340 Kurztexte entstanden. Inspiration finde ich in dem, was ich lebe und erlebe – aus einem Gespräch, einer Begegnung oder aus etwas, das ich gelesen, gehört oder gesehen habe. Gedanken und Ideen können auch aus der Stille kommen oder von einem Bild oder einer biblischen Erzählung herrühren.

Sie haben sieben Meditationen zum diesjährigen Hungertuch geschrieben. Wie kam es dazu?

Fastenaktion und HEKS haben mich letzten Frühling angefragt, Meditationen für die Unterlagen zum Hungertuch 2022 zu schreiben. Ich habe zugesagt, weil mir diese literarische Kurzform gefällt und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Klimafrage unabdinglich ist. Eine Rahmenbedingung war, in den Texten eine Verbindung zwischen dem Hungertuch und dem Thema Klimagerechtigkeit der Ökumenischen Kampagne 2022 zu schaffen. Die Texte sind in ein paar Tagen entstanden. Erst habe ich mir Stichworte zum Hungertuch notiert. Der Feinschliff erfolgte dann im Dialog mit den Verantwortlichen von Fastenaktion und HEKS. Ihre präzisen Feedbacks zu sprachlichen Details waren äusserst bereichernd.

Gefällt Ihnen das Hungertuch?

Der schlichte grafische Ausdruck sagt mir zu. Beim Schreiben ist mir eine schlichte, klare Sprache genauso wichtig. Pointiert gesagt gilt für mich: Gut ist eine Grafik oder ein Text, wenn man nichts mehr weglassen kann.


Welche Meditationen sind besonders gelungen?

Das entscheide nicht ich. Ein Text wird lebendig durch diejenigen, die ihn lesen. Mein Anspruch ist, dass Texte sorgfältig und klar sind – was weiter damit geschieht, liegt nicht in meiner Hand.

Die Kirchensprache wird immer wieder als unverständlich kritisiert. Wie machen Sie sich verständlich?

Wichtig ist mir eine klare und einfache Sprache. Ein schlichter, präziser Text ohne grosse Schnörkel und viele Fachbegriffe strahlt eine Schönheit aus. Weiter gehört Sorgfalt dazu, dass ich mich dort äussere, wo ich verantwortet etwas zu sagen habe. Und nicht zuletzt muss der Grundgedanke eines Texts in ein, zwei Sätzen zusammenfassbar sein. Ich muss wissen, was ich sagen will. Alles andere, was mir dazu auch noch in den Sinn kommt – und sei es noch so interessant – gilt es entschieden wegzulassen.

 

Leichtfüssig

Beschwingt. Berührt. Bewegt.

Sich nicht lähmen lassen.
Sich nicht abspeisen lassen.
Sich nicht mundtot machen lassen.

Jenen nicht glauben, die predigen, es gäbe keine Alternative.
Jenen nicht glauben, die verkünden, zuerst müssten die andern.

Jenen nicht glauben, die beschwören, der Markt wird es schon richten.

Schritte wagen
und sehen, andere gehen mit, und hören, andere stimmen ein, und erkennen, andere ziehen mit.

Hungertuch 2021/22
Die chilenische Künstlerin Lilian Moreno Sánchez hat auf der Grundlage eines Röntgenbilds einen gebrochenen Fuss auf der Bettwäsche eines deutschen Spitals und eines Frauenklosters abgebildet. Auf der «Plaza de la Dignidad» (Platz der Würde) in Chile, wo Demonstrationen gegen soziale Ungleichheiten stattfanden und mehrere Demonstrierende verletzt oder getötet wurden, hat die Künstlerin Staub eingesammelt und in die Laken gerieben.

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