Im Gottesdienst werden Lektor:innen als Schnittstelle zwischen dem geschriebenen Wort und der Gemeinde verstanden. Die Schweizer Schauspielerin und Sprecherin Dorothée Reize übte diese Funktion während mehrerer Jahre in Ittigen aus. Heute bietet sie Kurse an. Sie weiss, worauf Lektor:innen achten müssen.
von Luca D’Alessandro
«Den eigenen Beruf mit dem Glauben zu verbinden, ist ein unglaubliches Privileg», sagt Dorothée Reize. Die Schauspielerin war für lange Zeit selbst Lektorin. Mittlerweile tritt sie mit eigenen biblischen Programmen auf. Es ist ihr ein Anliegen, Kirchgemeindemitglieder für die Lektor:innenaufgabe zu sensibilisieren, im Sinne von: «Lektorieren in der Kirche ist nicht einfach Vorlesen».
In ihren Kursen gibt sie interessierten Personen konkrete Hinweise, wie lebendiges und verständliches Vortragen von Texten geht. «Ich leide, wenn Texte passiv und ausdruckslos gelesen werden», sagt sie. Wobei es ihr nicht um Theater oder Schauspielerei geht. «Es reicht, wenn sich Leserinnen und Leser vom Inhalt angesprochen fühlen, die Texte nachempfinden und andere an ihren Erkenntnissen teilhaben lassen.»
Fürbitten ansprechend formulieren
Dorothée Reize räumt ein, nicht alle Texte seien auf Anhieb verständlich, man denke etwa an die Paulusbriefe. Umso wichtiger sei es, sich als Lektor:in vorgängig und frühzeitig mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. «Bei Unklarheiten empfehle ich die Rücksprache mit einer Fachperson mit theologischem Hintergrund.» Und wenn man den Text erst am Vorabend eines Gottesdienstes bekommt? «Das geht gar nicht.» Dasselbe gelte auch bei Fürbitten, für deren Formulierung und Vortrag man sich durchaus etwas Zeit nehmen sollte.
«Fürbitten sprechen mich immer dann an, wenn sie nicht allgemein formuliert sind, sondern uns Menschen in die Pflicht nehmen, etwas zu tun oder zu verändern.» Diese und weitere Tipps stehen in Dorothée Reizes Kursen ganz oben auf der Agenda. Die Kursbesuchenden erfahren, dass sich beim engagierten Vortragen etwas ereignen kann, das schwer zu erklären ist.
Gearbeitet wird an der Stimme und am Auftritt. Beim Lesen sei es wichtig, der Stimme den nötigen Raum zu geben, die Resonanzräume im Körper schwingen zu lassen und im Hals nicht zu drücken. «Dabei spielt eine entspannte Körperhaltung eine wichtige Rolle. Ausserdem empfehle ich nur bedingt den Blickkontakt zum Publikum, denn nur wer ganz bei sich ist, kann in den Text eintauchen.»
Botschaft fassbar machen
Oft werde sie mit der Aussage konfrontiert, die Texte müssten neutral vorgelesen werden. «Neutral lesen? Das ist schwierig.» Klar gehe es hier nicht um die eigene Meinung. Aber man sollte als Lektor oder Lektorin alles daransetzen, die Botschaft des Autors oder der Autorin fassbar zu machen. Die Tageskurse von Dorothée Reize finden in verschiedenen Pfarreien im Kanton Bern statt, wobei sie eine Aufteilung auf zweimal à zirka zwei bis drei Stunden bevorzuge, sagt sie, «denn oft kommt es vor, dass die Teilnehmenden im ersten Kursblock erst einmal umdenken müssen und neue Möglichkeiten erahnen, aber noch nicht umsetzen können.»
Lektor:innenkurse…
… werden in verschiedenen Pfarreien im Kanton Bern für Einzelpersonen oder Gruppen angeboten.
- Textvertiefung und «lebendig machen» von Texten
- Aneignen von Vortragstechniken
- Erstellen eigener Bilder und Schärfung der sprachlichen Ausdrucksweise
- Trainieren von Lockerungs- und Sprechübungen auf spielerische Art
Weitere Infos: www.dorotheereize.ch